Wie sieht Europas kulturelle Zukunft aus? Moderatorin AC Coppens ("The Catalysts") versammelte eine illustre Runde aus Politik und Kultur bei der Online-Konferenz „Visions of a Creative Europe“, veranstaltet von den deutschen Creative Europe MEDIA Desks mit Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien anlässlich der deutschen EU Ratspräsidentschaft. Rund 2.000 Zuschauer*innen verfolgten das Event auf ALEX Berlin, Facebook und YouTube.
Zum Auftakt wandte sich Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters an die Filmschaffenden: „Mit Ihrem Engagement und mit politischer Rückendeckung, unter anderem aus meinem Haus, werden wir den europäischen Film stärken und ihn als Spiegel einer dynamischen und vielfältigen Gesellschaft bewahren“. Creative Europe, so Grütters, sei entscheidend an der Verbreitung hochwertiger Filme, Serien und Games auch über Landesgrenzen hinweg beteiligt. Daher habe sie sich dafür eingesetzt, sowohl das Programm als auch die MEDIA Desks mit einem entsprechenden Finanzrahmen auszustatten.
Darüber hinaus betonte Grütters aber auch die Unverzichtbarkeit von Kultur und Medien für ein friedliches und geeintes Europa. In Zeiten, in denen der Reiselust Grenzen gesetzt seien, stille der Film das Fernweh und die Neugier, die Welt aus anderen Augen zu sehen, so Grütters.
Das Wohlergehen der Kulturschaffenden sieht auch Sabine Verheyen, Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung im Europäischen Parlament, als ein wichtiges Anliegen der EU in dieser beispiellosen Krise. Kultur sei keine Nebensache, daher müsse auch der Corona-Aufbauplan der EU die Kreativwirtschaft unterstützen. Zum Stand der Budgetverhandlungen für den mehrjährigen Finanzrahmen (2021–27): „Der Ausschuss für Kultur und Bildung kritisiert die Kürzungen, die der Rat an den Kultur- und Bildungsprogrammen vorgenommen hat. Der neue Vorschlag ist für uns absolut inakzeptabel, denn er nimmt gerade in den Bereichen, in denen wir in Krisenzeiten mehr tun müssen, viele Kürzungen vor.“ Kultur sei einer der Bereiche, die am stärksten von den Corona-Beschränkungen betroffen seien, so Verheyen, „deshalb fordert das Parlament eine Verdoppelung des Budgets für das Creative Europe Programm auf 2,8 Milliarden Euro für die nächsten sieben Jahre als nachhaltige, mehrjährige Unterstützung für den Sektor.“
MEDIA News
„Durch die Krise können wir nicht mehr von einer Evolution sprechen, wir stecken mitten in einer Revolution.“ Darauf müsse man in den kommenden Jahren auch flexibel reagieren können, betont Lucía Recalde, die Leiterin des MEDIA Programms bei der EU Kommission. Des Weiteren wird Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette groß geschrieben. Auch Nachhaltigkeit solle wesentlich mehr in den Blick gerückt werden. Eine wichtige Neuerung: „Es werden Projekte im Bereich Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz unterstützt, gleichzeitig sollen Pressefreiheit und Journalismus gestärkt werden. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass diese Maßnahmen wichtiger sind denn je.“
Der Wandel findet statt
Die Komponistin Hildur Guðnadóttir, die für die Filmmusik zu „Joker“ einen Oscar® gewann, reflektierte über Kunst in Europa: „Kunst ist eine fantastische Art, mit anderen Menschen zu sprechen, um sie auf einer tiefen emotionalen Ebene zu erreichen. Und Europa ist ein wunderbarer Ort dafür, weil es so viel Raum für Individualität gibt“. In Sachen "Gender" beobachtet sie eine entscheidende Veränderung im Filmgeschäft in den letzten Jahren: "Früher hörte ich oft ein verwundertes "Das haben Sie selbst geschrieben?" Dieser Mangel an Vertrauen habe sich definitiv in den letzten Jahren zugunsten eines „Yay, Sie sind eine Frau!“ verändert, und das sei ziemlich überwältigend, so die in Island aufgewachsene Künstlerin.
Corona-Chaos und Makro-Trends
Das Virus habe Chaos verursacht, aber auch eine Menge Kreativität in der Branche hervorgebracht, so Media-Analystin Johanna Koljonen. Verleiher*innen, Festivals und Märkte waren einerseits zur Veränderung ihrer Konzepte gezwungen, andererseits konnten dadurch neue Wege beschritten werden. Makro-Trends würden in einer Krise immer beschleunigt, wie zum Beispiel das Filmstart-System oder auch der nachhaltige Umgang mit Ressourcen.
Künstliche Intelligenz ist die neue Elektrizität
Ein Hoch auf die technischen Weiterentwicklungen hielt Christian Mio Loclair von Waltz Binaire. „In der Kulturellen Branche gibt es Denker und Macher, künstliche Intelligenz kann beide Seiten verbinden.“ Daher verstünde er die Skepsis gegenüber AI nicht. "Künstliche Intelligenz kann eine gigantische Weiterentwicklung sein, wenn wir sie richtig anwenden."
Futur Drei: Das Kino der Zukunft?
Für die Schauspieler*innen von „Futur Drei“, Benjamin Radjaipour und Banafshe Hourmazdi, dreht sich alles um Geschichten und um neue Ideen: Der Teddy Award Gewinner der Berlinale 2020 greife Perspektiven auf, die bislang im europäischen Kino vernachlässigt würden. „Wir wollen etwas ändern an der Art, wie Körper gedacht werden“, so Radjaipour. Salzgeber bringt den Film in diesen Tagen auf die deutschen Leinwände.
Die Konferenz ist weiterhin auf YouTube zu sehen.
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