Die Produzentin Tanja Georgieva-Waldhauer aus Gera ist "Producer on the Move" 2020. Mit ihrer Firma Elemag Pictures produzierte sie u.a. den Publikumspreisgewinner des DOK.fest München 2019, den Dokumentarfilm "Another Reality". “Producer on the Move” ist ein Networking-Programm der European Film Promotion und musste in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie in einer digitalen Variante stattfinden. Im Interview hat uns Tanja Georgieva-Waldhauer von ihren Eindrücken vom Programm berichtet, aber auch, wie ihre Produzentenkarriere begann.
Sie sind "Producer on the Move". Was bedeutet das für Sie?
In erster Linie eine sehr schöne Anerkennung meiner bisherigen Arbeit, über die ich mich sehr gefreut habe, aber auch die Chance, mein Netzwerk zu erweitern und neue, spannende Kollegen aus ganz Europa kennenzulernen.
Das Treffen fand erstmals online statt. Wie war es?
Wirklich spannend und besser als erwartet. Natürlich fehlte die sinnlich-soziale Komponente beim Kennenlernen und natürlich wäre es unglaubwürdig zu behaupten, im Büro vor dem Bildschirm ist es genauso schön und spannend wie in Cannes inmitten der vielen Kollegen und Filme, aber es war tatsächlich erstaunlich gut.
Wie hat das Format online für Sie funktioniert?
Recht gut. Es ist auf Dauer nur eine Hilfslösung denke ich, es ist immer intensiver und umfassender wenn man Menschen persönlich trifft und kennenlernt, aber wir Teilnehmer sind uns tatsächlich erstaunlich nah gekommen und sind nach wie vor in Kontakt und tauschen uns über Projekte aus. Wir hatten sehr gute und konzentrierte Meetings, vielleicht sogar konzentrierter als mitten im Getümmel von Cannes, wir hatten spannende Panelgespräche und sogar einen gemeinsamen Abend mit Drinks. Ein ganz besonderes Highlight war das gemeinsame Abschlussmittagessen, als es bei uns allen Teilnehmern zeitgleich an der Tür klingelte und wir alle eine Pizza von den jeweiligen Länderorganisationen geliefert bekommen haben. Bei mir war es dann German Films, die mich mit einer Pizza überrascht haben. Alle Veranstalter haben sich sehr große Mühe gegeben, das Online-Format so intensiv wie möglich zu gestalten, und ich habe sehr viel davon mitgenommen, nicht nur für einzelne Projekte, aber auch davon zu hören, wie manche Kollegen ihre Produktionsfirmen organisieren und strukturieren und worauf sie den Fokus legen.
Fehlte ihnen das persönliche Zusammentreffen – und wird es nachgeholt?
In der Kaffeepause weiterquatschen oder zusammen zum Abendessen gehen zu können, wäre in jedem Fall eine schöne Bereicherung gewesen, ja. Aber es gibt den Plan, beim nächsten großen Festival, das stattfindet und an dem fast alle teilnehmen, einen Abend gemeinsamen zu verbringen.
Wie wichtig ist es für Sie, ihre Projekte mit europäischen Partnern zu entwickeln?
Sehr wichtig. Ich habe die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern bisher als sehr fruchtbar und gewinnbringend erlebt, sei es auf kreativer, aber auch auf finanzieller und organisatorischer Ebene. Inhaltlich erweitert es nicht nur meinen, sondern auch den Horizont der Zuschauer, europäische Nachbarn immer besser kennenzulernen. Finanziell gesehen ist es für die meisten Filme nahezu unmöglich, sie vollständig in einem gewissen Rahmen im jeweiligen Heimatland zu finanzieren und auch da gibt es einen sehr fruchtbaren Austausch zwischen Kollegen in verschiedenen Gewerken, der unsere Arbeit nur besser und interessanter machen kann. Wir sind ein Teil einer Gemeinschaft und bei vielen Fragen und Herausforderungen werden wir auch stärker als Gemeinschaft sein, so zum Beispiel bei allen Fragen zur Gestaltung der Filmfinanzierung und der Vertriebskanäle. Als europäische Gemeinschaft sind wird da stärker als wenn jedes einzelne Land für sich kämpfen wollen würde. Das steht für mich auch in keinem Widerspruch zum Lokalen übrigens. Das macht ja eine besonders starke und vitale Gemeinschaft aus, dass jeder seine eigene Besonderheit einbringt.
Welches Projekt geht als nächstes in den Dreh?
Der Dokumentarfilm „Wir sind Kumpel“ von Christian Johannes Koch und Jonas Matauschek, der in einer Langzeitstudie einige ehemalige Kumpel dabei begleitet wie sie nach der Schließung ihres Bergwerks sich selbst neu erfinden und im Leben zurechtfinden müssen, sollte im Herbst in die Hauptdrehphase gehen. Wir haben schon die MDM und BKM als vertrauensvolle Partner an Bord und schließen hoffentlich bald die Finanzierung. Sehr bald beginnt auch die Motivsuche und das Casting des Spielfilms „Das Jüdische Mädchen“ von Sharon Bar-Ziv mit Samuel Finzi in der Hauptrolle. Gedreht werden soll idealerweise im kommenden Jahr.
Zum Schluss: Wie kamen Sie eigentlich zum Film? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Ich bin ganz ehrlich, ich habe mich lange Zeit überhaupt nicht für Film interessiert, ich habe Journalistik und Germanistik in Leipzig studiert und wollte eigentlich immer Radio mache. Als Studentin habe ich beim lokalen TV-Sender gejobbt, aber ausschließlich als Voice-Over oder Moderatorin vor der Kamera und es war für mich tatsächlich nur ein Job, ich hatte weder größere Ambitionen noch selbst einen Fernseher. Im Studium spezialisiert war ich auf Heiner Müller und da sehr engagiert. Während einer Heiner-Müller-Werkstatt im Gorki-Theater in Berlin habe ich den Filmregisseur Christoph Rüter kennengelernt. Der plante damals zum 80. Geburtstag von Heiner einen Themenabend für 3sat und war auf der Suche nach einen Regieassistenten, und ich, frisch mit dem Studium fertig, suchte einen Job. Ich hatte zwar keine Ahnung vom Filmemachen, aber ich wusste sehr viel über Heiner und hatte zumindest Grundkenntnisse darüber, wie Fernsehen funktioniert. Für Christoph war das gut genug. Er meinte, so viel wie Heiner geschrieben und gesagt hat, dauert es Jahre bis sich ein richtiger Regieassistent in Heiner einarbeitet, es ist leichter, mir etwas über Filme beizubringen. Und so ging es los, diese Arbeit hinter der Kamera war dann Liebe auf den ersten Blick. Schon damals hat Christoph gesagt, du kannst Produzentin werden, du bringst alles mit. Es war mir zwar sehr unklar, was das bedeutet um ehrlich zu sein, für mich war es ein diffuser Begriff, aber da hat es seinen Anfang genommen.
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Das Interview führte Nikola Mirza.
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