Spuren des Erfolgs

Zwei Workshopteilnehmer des #MediaTech SPRINT im Interview

  • Daniel Gjøde und Stefan Göppel berichten

Am 24. September 2024 steht die mittlerweile 6. Ausgabe des MediaTech SPRINT in Potsdam vor der Tür. Für alle „Sprinter“ heißt das: Die Bewerbung für die „Challenge Owner“ ist bis zum 27. Juni 2024 möglich. Seit 2018 können Unternehmen der europäischen audiovisuellen Branche sich mit einer geschäftlichen Herausforderung im Gepäck für den jährlichen MediaTech SPRINT bewerben. Sie arbeiten in dem Workshop an kreativen Lösungswegen für ihre Herausforderung – gemeinsam mit interdisziplinären „Co-Creators“.

Zahlreiche Firmen und Institutionen aus ganz Europa haben in den vergangenen Jahren den MediaTech SPRINT auf der Suche nach Lösungen, Austausch und Inspiration besucht – und ihn oftmals mit neuem Elan und Perspektiven wieder verlassen. Zeit also, um an dieser Stelle Unternehmer:innen vorzustellen, die in der Vergangenheit am MediaTech SPRINT teilgenommen haben. Wir haben zwei Persönlichkeiten aus Dänemark und Deutschland gefragt, wie sich ihre Teilnahme auf ihre damit verbundene Lösungssuche ausgewirkt hat.

Daniel Gjøde , Dänemark

Daniel Gjøde war 2023 als „Challenge Owner“ beim MediaTech SPRINT in Paris dabei. Lösungen suchte er für Connie. Connie? Connie ist eine einfache und DSGVO-konforme Vertrags- und Zustimmungsplattform für Film-, Fernseh- und Medienprofis.

Creative Europe Desk: Sie waren 2023 als „Challenge Owner“ mit Ihrem Projekt, der Vertrags- und Zustimmungsplattform „Connie“, beim MediaTech SPRINT. Können Sie ihr Projekt dort kurz beschreiben?

Daniel Gjøde: Wir waren der Meinung, dass wir den Input von Experten brauchten, um unsere Reichweite auf andere EU-Länder auszudehnen, und unsere Herausforderung lautete ganz einfach: Wie können wir unsere Plattform auf ganz Europa ausweiten, um mehr Filmemachern die Möglichkeit zu geben, ihr gesamtes Dokumentenmanagement einfach zu verwalten und zu rationalisieren.

Beim MediaTech SPRINT ging es um eine „Challenge“, die Suche nach individuellen und innovativen Lösungsansätzen für eine besondere geschäftliche Herausforderung. Konnten der Workshop und die „Co-Creators“ Ihnen weiterhelfen?

In der Tat, sie waren unglaublich! Sie alle teilten offen ihre Sichtweise und brachten erstaunliche Ideen und Beiträge ein. Vielleicht mehr als alles andere hat ihr Enthusiasmus und ihre Unterstützung uns bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und das hat uns wirklich motiviert, weiterzumachen.

Wie hat sich das Projekt seither weiterentwickelt, gerade auch mit dem Blick auf die Resonanz in Europa?

Seitdem haben wir viele der praktischen Dinge, die die Mitgestalter identifiziert haben, umgesetzt, und ich erinnere mich, wie wir schnell eine Roadmap und eine Reihe von Schlüsselfragen erarbeitet haben, die gelöst werden mussten. Ich verbrachte die Tage nach dem Sprint damit, all den Input und das Feedback, das ich erhielt, zu verfestigen und zu entscheiden, welche Teile sinnvollerweise weiterverfolgt werden sollten - und das war eine ganze Menge.

Heute, ein Jahr später, ist Connie sehr ausgereift, und es wurden buchstäblich Tausende von Verträgen, Vereinbarungen und Genehmigungen über unsere Plattform ausgestellt und unterzeichnet. Es fühlt sich wirklich so an, als hätten wir bewiesen, dass unser Produkt für Produktionsunternehmen (und natürlich auch für andere Unternehmen) einen positiven Unterschied macht - und erst jetzt fühlen wir uns bereit, in andere Länder zu expandieren.

Das Thema „Digitales Vertragswesen“ in der Film- und Medienbrache wird sicherlich in Europa rechtlich sehr unterschiedlich gehandhabt, gerade da, wo die Filmbranche noch „old school“ arbeitet. Wie wird „Connie“ diesen regionalen Unterschieden gerecht?

Gute Frage. Connie digitalisiert in erster Linie den gesamten Lebenszyklus von Dokumenten: Vom ersten Entwurf über die Unterzeichnung und Archivierung bis hin zur Erneuerung und so weiter. Und was die Rechtsvorlagen betrifft, haben wir einen sehr flexiblen und leistungsstarken Vorlagengenerator, in den Unternehmen ihre eigenen regionalen Rechtsvorlagen einfügen und diese verwenden können.

Die EU teilt jedoch auch einige sehr wichtige Rechtsrahmen, die in der gesamten EU gleich funktionieren, nämlich die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und eIDAS, das elektronische und digitale Signaturen regelt. Dies ermöglicht es uns, einen vollständig europäischen Service bereitzustellen, der zu 100 % in europäischen Rechenzentren gehostet wird und dem europäischen Recht entspricht.

Übrigens: Wir glauben nicht, dass die Filmindustrie altmodisch ist… Sie sind nur extrem beschäftigt und arbeiten immer mit knappen Budgets. Unsere größte Herausforderung besteht darin, 15 Minuten mit ihnen zu verbringen, in denen wir ihnen unsere Plattform vorführen. Denn normalerweise genügen den meisten Unternehmen 15 Minuten, um diesen AHA-Moment zu erleben, in dem ihnen klar wird, wie viel Zeit und Ärger sie sich sparen können, wenn sie ihre aktuellen Prozesse ändern.

Können Sie kurz für die beiden Zielgruppen "Filmproduktion" und "Künstleragenturen" erläutert, inwieweit Connie hier die Arbeit verbessern kann und wo sie hier die Potentiale sehen?

Viele, viele Unternehmen in der AV-Branche haben Probleme, Dokumente effektiv und konform zu verwalten. Eine aktuelle Studie, die wir durchgeführt haben, hat gezeigt, dass Verträge in mehr als der Hälfte der Unternehmen, mit denen wir gesprochen haben, immer noch auf Papier abgeschlossen werden: Physisch unterschrieben, gescannt, in unverschlüsselten E-Mails herumgereicht – und nach der Unterzeichnung werden sie normalerweise entweder in einem physischen Speicher ohne Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Zugriffs oder in einer digitalen Dateispeicherlösung gespeichert, die wahrscheinlich in einem Rechenzentrum außerhalb der EU gehostet wird. Und niemand erinnert sich, wann dieser Papiervertrag erneuert werden muss, oder? Connie löst all dieses Problem.

Darüber hinaus konzentriert sich keine andere Vertragsplattform so ausschließlich auf die Film-, Fernseh- und Medienbranche wie Connie. Anders ausgedrückt: Wir haben viele kleine Funktionen, die für Filmemacher einen großen Unterschied machen, weil sie speziell für sie entwickelt wurden. Andere Plattformen sind entweder zu technisch, zu komplex oder zu unternehmensorientiert – bedenken Sie, die Filmbranche besteht aus vielen Freiberuflern und relativ kleinen Unternehmen.

Das Potenzial hier scheint groß: Eine wettbewerbsfähigere europäische Filmbranche. Eine, die vollständig digital und konform ist und auf europäischer Technologie basiert, die die Privatsphäre des Einzelnen wirklich schützt.

Mehr unter: www.getconnie.com

Stefan Göppel, Deutschland

Wir haben das Interview mit Stefan Göppel auf der #re:publica geführt. Stefan ist Gründer und Gesellschafter der Münchner Govar GmbH. 2022 nahm er mit dem Projekt EMIXAR Continuum an unserem MediaTech SPRINT Workshop in Potsdam als Challenge Owner teil.

Creative Europe Desk: Lieber Stefan, was macht ihr bei Govar?

Stefan Göppel: Ich habe 2021 die Govar GmbH gegründet, davor war ich bei einem AR-Start-up namens Reflect, das sich auf diese Technologien fokussiert hat. Mit der Govar sind wir spezialisiert auf Extended Reality, also Augmented, Mixed und Virtual Reality, einfach auf alles, was diese Technologien anbelangt und digitalen Content im realen Raum beinhaltet.

Ich war beim SPRINT mit einem Herzensprojekt: einer Kunstplattform, der EMIXAR Continuum. EMIXAR ist eine Kunstveranstaltung oder vielmehr eine Wanderausstellung, in der wir reale physische Kunst mit augmentierter Kunst, aber auch mit Portalen, in denen es kuratierte komplett immersive Räume gibt, kombinieren. Durch EMIXAR kann der Besucher durchgehen und im Kontext der Kunst und der Technologie die Kunst wahrnehmen.

An EMIXAR arbeiten wir jetzt schon seit drei Jahren, und wir freuen uns sehr auf die Weltpremiere am 27.11.2024 in München. Beim SPRINT-Workshop 2022 habe ich den Prototypen präsentiert und habe dort mit der Gruppe überlegt, wie wir das Projekt vermarkten können, aber auch, was noch notwendig ist, um es weiter zu bauen.

Was war Deine „Challenge“, mit der Du zum SPRINT gekommen bist?

Meine Challenge war es, die nächsten Schritte mit EMIXAR Continuum zu definieren, um das Projekt fertigzustellen und die Zielgruppe zu finden, um das Projekt zu launchen.

Und welche Ideen habt ihr gemeinsam entwickelt?

Wenn man in der Entwicklung eines Projektes steckt, hat man manchmal Scheuklappen. Es war sehr gut, mal von außen auf das Projekt zu schauen. Ich dachte eigentlich, dass ich zum SPRINT mit einem Prototypen komme, aber die Gruppe meinte: Was Du da hast, ist eigentlich schon ein Produkt. Das ist gut. Das funktioniert. Du musst da gar nicht mehr an dem Prototypen feilen, sondern Du kannst in die Roll-Out-Phase gehen. Im Workshop haben wir uns dann Gedanken über Zielgruppe und Marketingstretegien gemacht.

Und wie hat sich EMIXAR danach weiterentwickelt?

Dadurch, dass die Govar auch viele andere kommerzielle Projekte mit Industriepartnern hat, mussten wir dieses Herzensprojekt leider etwas hintenanstellen, aber Ende 2024 werden wir nun die Premiere in München feiern können. Jetzt gehen wir die PR-Maßnahmen an, die wir unter anderem beim SPRINT entwickelt haben. Die dort entwickelten Ideen helfen uns sehr.

Wie und wo kann man EMIXAR Continuum sehen und wie funktioniert es genau?

Unser Projekt ist eine multisensorische Kunstausstellung, also man arbeitet nicht nur mit dem Sinn „Sehen“, sondern auch mit dem „Fühlen“ – z.B. ziehe ich mich an einem Seil in einen anderen Teil hinein. Während ich durch die Ausstellung gehe, werden alle meine Sinne angesprochen. Das Konzept funktioniert an einer Veranstaltungs-Venue. Eine feste Ausstellung, die lokale, echte Kunst integriert. Die Kunst vor Ort nehmen wir auf, digitalisieren sie und integrieren sie in die Anwendung. Wir starten in München in der Schwere Reiter Halle, der nächste Stopp wird dann in Wien oder Mexiko-City sein. Da nehmen wir dann die Kunst, die wir in München digitalisiert haben, als digitalen Zwilling mit und kombinieren sie dort mit der echten Kunst vor Ort. So involvieren wir auch die lokale Community.

Unser Projekt wird dadurch immer größer und unser Kunstfundus wächst. Es gibt dann auch die Möglichkeit, unsere digitale Kunst zu erwerben – aber natürlich auch Teile der physischen Kunst. So wächst unsere Plattform in jeder Ausstellung. In Asien haben wir einen Partner, mit dem wir den asiatischen Teil realisieren, in anderen Teilen der Welt organisieren wir unsere Ausstellungen selbst. Da wir seit 12 Jahren schon an der Technologie arbeiten, haben wir in vielen Ländern bereits sehr gute Kontakte zu passenden Venues und der lokalen Kunstszene. Auch arbeiten wir mit großen internationalen Künstler:innen, die uns Tipps geben.

Ist Euer Projekt irgendwann einmal fertig?

Nein, wir wollen immer weiterwachsen.

Du hast es schon erwähnt: Ihr arbeitet auch mit NFTs. Wie funktioniert das?

Es ist ein Wunsch, dass wir uns teilweise über den Verkauf von NFTs finanzieren können. Es ist aber nur ein Add-On. Momentan sind der NFT-Markt und die NFT-Einnahmen noch sehr volatil. Unsere Hauptfinanzierung besteht aus Fördergeldern. Die sind ungemein wichtig, da wir mit internationalen Partner:innen arbeiten. Aber sobald das Projekt steht und ausgestellt wird, haben wir auch Eintrittsgelder zur Refinanzierung. Auch für eine immersive Ausstellung kann ich Eintrittsgelder verlangen. Der Besucher erhält ja auch ein Erlebnis im Kontext der Kunst. Für die sehr aufwendige, langjährige Entwicklung sind Fördergelder aber unabdingbar. Natürlich arbeiten wir auch mit Sponsoren. Und am Ende der Experience gibt es einen kleinen Shop, in dem man kleine Exponate der lokalen Künstler physisch kaufen kann, aber auch digitale NFTs von den augmentierten Elementen erwerben kann.

Wie siehst Du die Zukunft der NFTs?

Das ist eine gute Frage. Langfristig sehe ich das so: wenn sich unsere Digitalisierung in die Volumetrie, also in den physischen Raum, ausweitet, kann ich z.B. wenn ich nach Hause komme, digitale Inhalte in meinen Wohnraum übertragen, ich kann mir eine Skulptur in AR in die Ecke stellen. Und da wird es für mich interessant. Wenn ich mir die Kunst daheim platzieren kann und Dinge, die dann individuell mir gehören auch meinen Freunden zugänglich zu machen. Also wenn ich in meinem Wallet in meinem Handy bestimmte Sticker habe, ist das ganz schön, aber mit einem NFT kann ich mir z.B. mit einer Skulptur die eigenen Vier-Wände schöner machen.

Weltpremiere: 27.11.–08.12.2024, Schwere Reiter Halle, München

Mehr unter: www.govar.de

MediaTech SPRINT, auch für Co-Creator …

Der kommende MediaTech SPRINT findet erneut im Rahmen der MTH in Potsdam-Babelsberg statt. Auch für Kreative der Branche kann der SPRINT eine Bereicherung sein. Wer als „Co-Creator“ am 6. MediaTech SPRINT teilnehmen möchte, kann sich bis 15. August bewerben.  Co-Creator können aus ganz unterschiedlichen Bereichen der Kreativwirtschaft kommen.

Weitere Informationen unter www.creative-europe-desk.de

Termin: 24. September 2024

Ort: Potsdam-Babelsberg

Bewerbungsfrist: 27.06.2024 (Challenge Owner) und 15.08.2024 (Co-Creators)