Mediale Stoffverwertung

Buch, Film, Spiel oder andersrum?

Aus der Liaison zwischen Büchern, Filmen und Games hat sich in den letzten Jahren eine stabile Beziehung entwickelt. Anlässlich der Frankfurter Buchmesse 2007 veranstalteten MEDIA Desk und Antennen Deutschland unter der Moderation Arne Sommers ein branchenübergreifend besetztes Podium, das über die Auswertung im Spannungsfeld der drei Medien sprach.

Drei Medien – ein Markt?

Vorweg: Gelesen wird weiterhin. 2006 lag der Buchmarkt mit 9,3 Mrd. umsatzmäßig weit vor der Games- (1,12 Mrd.) und der Filmbranche (0,75 Mrd.). Trotz der kulturellen Verankerung der Bildmedien werde das Buch immer einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Angesichts der Verbindung zwischen Buchbranche und „Creative Industries“ wird das Buch aber in Zukunft nicht mehr zwingend am Anfang einer Wertschöpfungskette stehen.

Rechte und Lizenzen

Medienanwalt Wolfgang Brehm, Kanzlei Brehm & von Moers, erklärt, dass es endlich an der Zeit sei, das in Deutschland gängige „kontrollierte Lizenzsystem“ entsprechend zu verändern, um den Entwicklungen der Stoffverwertung und der Rolle des Autors gerecht zu werden. Ein Buchautor trete immer noch weitestgehend alle Rechte an den Verlag ab und habe schließlich das kreative und wirtschaftliche Nachsehen bei der Weiterverwertung eines Produktes. Anders das angelsächsische Modell, bei dem der Autor den größten Teil der Rechte behält bzw. von einem Agenten verwalten lässt. Bettina Breitling, die Leiterin der Lizenzabteilung der Verlagsgruppe Randomhouse, ergänzt in diesem Zusammenhang, wie wichtig neben der Autorenpflege die – in Deutschland relativ neue – Rolle des Agenten im Annäherungsprozess zwischen Buch und Film ist. Damit ein Stoff aber auch als Film oder u.U. sogar als Game funktionieren kann, muss neben der Lizenzierung ein gutes Qualitätsmanagement durch Lektoren gewährleistet sein.

Und der Gamesbereich?

Trotz des Wachstumspotentials der Branche scheint es bei den meisten Developern einen großen juristischen Aufklärungsbedarf zu geben, so Siggi Kögl, Geschäftsführer des Münchener Unternehmens Attaction Das Komplizierte hier ist, dass die schöpferische Leistung bei einem Spiel die spielbare Umsetzung der Idee ist, und an diesem Prozess sind mitunter ganze Teams von Entwicklern, Autoren, Designern und Programmierern beteiligt. Soll heißen, die Rechtspositionen sind mitunter noch nicht klar definiert.
Kögl erklärt außerdem, dass die Lizenz allein noch keinen Erfolg garantiert. Wenn z.B. ein Spiel zum Film erscheint (dem wiederum eine Literaturvorlage zugrunde liegt), soll in der Regel die Geschichte nachgespielt werden. Daher ist es wichtig, wie erfolgreich der Film, die Darsteller, der Soundtrack etc. waren. Wenn ein Spiel direkt auf die Buchrechte zurückgreift, dann fehlt die Visualisierung, die ja beim Film bereits abgeschlossen ist und sich im Spiel wiederfindet. Entscheidend ist darüber hinaus der Look der Plattform, die Umsetzung der Szenen aus dem Film, die Spielbarkeit und das Image des Films. Denn: der Gamer will handeln und nicht zuschauen.

Einer für alles

Wie Lizenzen und die Entwicklung eines Produktes einheitlich behandelt werden können, zeigen Jens-Uwe Welge von Studio Hamburg und Barbara Landbeck vom Tivola Verlag.
Studio Hamburg sieht die Zukunft in der crossmedialen Komplettverwertung. Anhand von „Die Drei Fragezeichen“ erläutert Welge, dass noch vor der Verfilmung und dem Spiel die Marke, das Marketing und die Zielgruppenforschung stünden. Da deutsche Stoffe sich schwer verkaufen lassen, das Projekt aber international vermarktet werden sollte, war außerdem die Entscheidung für das Family-Segment wichtig. Der Filmplot wurde schließlich so konstruiert, dass er international funktioniert und die Schlüsselelemente von vorneherein Spiel-kompatibel waren.
Der Tivola Verlag hat sich hingegen dem inhaltlichen und pädagogischen Ansatz verpflichtet. Neben Hörbüchern, (Bilderbuch-)DVDs entwickelt Tivola hochwertige und anspruchsvolle Spiele für Kinder, die auf bekannten Fernseh- und Kinderbuchfiguren basieren wie z.B. Prinzessin Lilifee. Tivola nennt sich Verlag, weil die Stoffe bzw. die Umsetzung selbst entwickelt werden. Landbeck erläutert, dass Tivola große Sorgfalt auf Themenfindung, Charakterzeichnung und Spielbarkeit der Stoffe legt. Gerade bei den Figuren zeigt sich, was für den PC aber noch lange nicht für’s Buch funktioniert. Der Versuch, selbst Kinderbücher zu entwickeln und zu vermarkten, hat allerdings weniger gut funktioniert. Tivola überlässt diese Aufgabe weiterhin den Autoren und Buchverlagen.