Demaskiert! Vier Fragen an Heiner Schmidt von CrazyBunch

  • Heiner Schmidt (Head of VR) von CrazyBunch

    Heiner Schmidt (Head of VR) von CrazyBunch

Der Head of VR Heiner Schmidt von CrazyBunch über Games als krisensicheres Medium, das Entwickeln von Zuhause und was er sich vom MEDIA-Programm für die Games-Branche wünscht. Am 15. Oktober releast CrazyBunch den zweiten Teil des Revivals der Kult-Point-and-Click-Reihe Leisure Suit Larry, das über die Games-Förderung von MEDIA unterstützt wurde. 

CrazyBunch entwickelt seit 2014 Virtual-Reality-Games. Wie haben Sie und Ihre Firma den Einbruch der Pandemie empfunden?

Heiner Schmidt: Bei CrazyBunch haben wir es unseren Mitarbeiter*innen schon immer ermöglicht, von zu Hause aus zu arbeiten. Schon lange, bevor wir Anfang des Jahres in den Lockdown gegangen sind, war es bei uns keine Pflicht mehr, zum Arbeiten ins Büro zu kommen. Wir haben das auch seitdem so beibehalten und sehen keinen Grund, es wieder zu ändern. Für uns war es eine sehr interessante Erfahrung, die uns mal wieder gezeigt hat, dass wir uns voll auf unser Team verlassen können.

Es gab natürlich trotzdem eine Eingewöhnungszeit. Wir arbeiten derzeit an dem von Creative Europe geförderten Spiel „Leisure Suit Larry – Wet Dreams Dry Twice“, bei dem es sich um eine Erotik-Komödie handelt. Das führt natürlich zu witzigen Situationen, wenn man Calls mit Mitarbeiter*innen hat, die gerade gleichzeitig im Homeoffice auf ihre Kinder aufpassen. Wirtschaftlich ist die Krise nicht ganz spurlos an uns vorbeigegangen. Wir hatten im Bereich VR für dieses Jahr geplant, Spiele für Location Based VR zu entwickeln. Ein erstes Projekt in diese Richtung,  „Ghost Patrol VR“, das wir für die Firma Vertigo Arcades aus den Niederlanden entwickelt haben, musste wegen der Pandemie immer wieder verschoben werden. Ein weiteres Location Based VR Projekt, dessen Entwicklung dieses Jahr starten sollte liegt derzeit immer noch auf Eis. Trotzdem sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Wir haben unsere Wachstumsziele für dieses Jahr zwar nicht ganz erreicht, aber konnten trotzdem neue Mitarbeiter*innen einstellen, haben keine Verluste gemacht und brauchten auch keine staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen.

Die gamescom 2020 wurde dieses Jahr digital abgehalten. Inwiefern verändern sich der Markt und die Industrie für Video Games und Virtual Reality?

Heiner Schmidt:  Soweit wir das mitbekommen haben, haben sich Videospiele als ziemlich krisensicher erwiesen. Entwicklerstudios sind ohnehin daran gewöhnt, dass der Großteil der Kommunikation digital stattfindet und anders als z.B. in der Filmindustrie ist es bei uns in den allermeisten Fällen auch kein Problem von zu Hause aus zu arbeiten. Die größte Corona-bedingte Herausforderung bei der Entwicklung von „Leisure Suit Larry – Wet Dreams Dry Twice“ waren tatsächlich die Sprachaufnahmen. Unser Publisher Assemble Entertainment hat aber zusammen mit den Tonstudios kreative Lösungen gefunden, so dass wir am Ende alles noch rechtzeitig im Kasten hatten.

Aus unserer Sicht war die digitale gamescom ein Erfolg. Die gamescom ist für uns hauptsächlich ein Networking-Event bei dem wir neue Kontakte zu anderen Entwicklerstudios und Publishern suchen. Dieses Jahr wurden Meetings eben online erledigt. Das einzige Problem war, dass es kein Kölsch dazu gab.

Der Beginn der Pandemie bedeutete auch stark erhöhte Verkaufszahlen für Videospiele, die über digitale Vertriebsplattformen wie Steam gekauft werden können. Physisch releaste Mainstream-Spiele wie „The Last of Us: Part II“ mussten hingegen immer wieder aufgrund von logistischen Schwierigkeiten verschoben werden. Ist dies der Moment, in dem Indie-Developer*innen mehr Sichtbarkeit erlangen können?

Heiner Schmidt:  Der Retailmarkt für Videospiele hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung verloren. Ob und inwiefern sich diese Situation durch die Pandemie verschlechtert hat, können wir noch nicht beurteilen. CrazyBunch Spiele werden schon immer fast ausschließlich digital verkauft. „Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry“ war unser erstes Spiel, dass auch eine physische Box hatte. Für den Nachfolger war aber schon vor Corona kein physischer Release mehr geplant. Das Gros unserer Einnahmen machen wir, wie wohl die meisten Indie Entwicklerstudios, über digitale Vertriebswege und hier ist Sichtbarkeit natürlich sehr wichtig. Ob Indie Entwicklerstudios von den logistischen Schwierigkeiten mancher Mainstream-Spiele profitieren werden, können wir derzeit noch nicht beurteilen.

Was wünschen Sie sich vom MEDIA-Programm in dieser Krise?

Heiner Schmidt: Wir haben in der Vergangenheit sehr von Informationsveranstaltungen des Creative Europe Desk Hamburg profitiert und wünschen uns, dass Wege gefunden werden können, auch während der Pandemie über die Möglichkeiten der Förderung zu beraten. Die Förderlandschaft in Hamburg hat sich in den letzten zwei Jahren stark verändert. Neben der Creative Europe Förderung gibt es nun auch eine Prototypenförderung der Gamecity und die Computerspielförderung des Bundes. Gerade jetzt ist es wichtig, Entwickler*innen darüber zu informieren, welche Arten von Förderungen zu ihren Projekten passen und wie diese miteinander kombiniert werden können. Wir hoffen deshalb sehr, dass Informationsveranstaltungen wie z.B. der European Games Coffee Hamburg, auch in diesem Jahr – wenn auch vielleicht nur in digitaler Form - stattfinden können.  

Weitere Informationen auf www.crazybunch.biz