Seit 30 Jahren gehören "Les Entrepreneurs de l'Audioviseul Européen", besser bekannt als EAVE, zu den beliebtesten Fortbildungsprogrammen für europäische Produzent*innen. Entsprechend groß ist das bestens gepflegte EAVE-Netzwerk der 1988 gegründeten Organisation mit Sitz in Brüssel. EAVE war 1991 eines der Gründungsprojekte des MEDIA Programms. Im Jubiläumsjahr 2018 sind auch wieder Teilnehmer*innen aus Deutschland dabei: Nora C. Ehrmann (zischlermann filmproduktion, Berlin) und Yvonne Wellie (Köln) werden in diesem Jahr den dreiteiligen EAVE Producers Workshop in Luxemburg, Norwegen und Spanien besuchen.
Der renommierte Workshop-Zyklus richtet sich an Produzent*innen mit Schwerpunkt Spielfilm und/oder Dokumentarfilm. Die 50 Teilnehmer*innen erhalten umfangreiches Wissen in den Bereichen Produktion, Kofinanzierung und Koproduktion. In den ersten beiden Workshops stehen Themen wie Skriptanalyse, Entwicklung, Finanzierung, Rechte, Marketing oder auch Pitchings im Mittelpunkt. Beim abschließenden Workshop können die Teilnehmer*innen ihre Projekte vor internationalen Redakteur*innen, Einkäufer*innen und anderen Entscheidungsträger*innen präsentieren.
"Am EAVE Workshop 2018 teilzunehmen bedeutet mir sehr viel. Ich verspreche mir davon meine Fähigkeiten im Bereich Entwicklung, Finanzierung und Produktion von internationalen Projekten zu stärken und vor allem ein internationales Netzwerk zu spannenden Produzenten aufzubauen, aus denen hoffentlich die eine oder andere erfolgsversprechende Koproduktion hervorgehen wird", so Yvonne Wellie. Wellie hat an der Kunsthochschule für Medien in Köln Film/Fernsehen studiert und in den vergangenen Jahren für verschiedene Produktionsfirmen an der Entwicklung und Produktion diverser Fernseh- und Kinofilme gearbeitet. Seit 2015 ist sie bei der Produktionsfirma Weydemann Bros. in Köln tätig und dort seit Anfang 2017 als Produzentin für einige Filmprojekte verantwortlich. Teilnehmerin Nora C. Ehrmann zog es nach dem Studium der Kunstgeschichte und der Literatur an die Berliner DFFB, wo sie als Produzentin mit ihren Abschlussfilm "El Legado" (2015, R. Roberto Anjari-Rossi) bereits zahlreiche Festivalerfolge feiern konnte.
Von Beginn an wollte EAVE mit seinen Angeboten "Produzentenpersönlichkeiten" entwickeln. Mit großem Erfolg, denn nicht ohne Grund sind ehemalige EAVE-Absolvent*innen - ganz aktuell - an sechs Nominierungen für die Oscars und Golden Globes 2018 (u.a. "Loving Vincent", "Foxtrott" und "Eine fantastische Frau - Una mujer fantastica") beteiligt, darunter auch Jonas Dornbach von Komplizenfilm ("Toni Erdmann"). Den "EAVE Producers Workshop" gerade abgeschlossen hat Undine Filter aus Leipzig. Sie betreibt gemeinsam mit Thomas Král die Produktionsfirma DEPARTURES Film, hat u.a. Thomas Stubers preisgekröntes Langfilmdebüt "Herbert" produziert und ist zudem Koproduzentin des neuen Films von Stuber ("In den Gängen", im Berlinale Wettbewerb 2018, produziert von Sommerhaus Filmproduktion) sowie von Emily Atefs "3 Tage in Quibéron" (Produzent: Karsten Stöter, Rohfilm Factory, EAVE-Absolvent 2005). Undine Filter, die 2016 in Cannes auch als "Producer on the Move" präsentiert wurde, über ihre Eindrücke vom EAVE-Workshop:
Was hat Sie gereizt, am EAVE Producers Workshop 2017 teilzunehmen?
Ich wollte immer schon am EAVE Producers Workshop teilnehmen, weil er mir von vielen befreundeten Produzentenkollegen wärmstens empfohlen wurde. Und 2017 war dann einfach der passende Zeitpunkt für mich, mit einem entsprechenden Projekt teilzunehmen.
Welche Eindrücke und Erlebnisse nehmen Sie aus den drei Workshops mit?
Die Zeit der Workshops war sehr prägend für mich. Zum einen nehme ich wahnsinnig viel Wissen aus den Workshops mit, zum anderen ein Netzwerk an Kontakten zur internationalen Filmindustrie. Die Zeit war unglaublich intensiv und bereichernd.
Welchen Stellenwert hat die europäische Vernetzung für Sie, die ja Teil des EAVE-Workshops ist?
Ich produziere für den internationalen Markt und arbeite an zahlreichen internationalen Filmprojekten - die europäische Vernetzung stellt somit für mich die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Produzieren dar. Das Netzwerk, das EAVE seinen Teilnehmern offeriert und von dem jeder von uns ein Teil wird, ist unbezahlbar.
Wo sehen Sie aktuell die Schwächen, wo die Stärken Europas, wenn Sie als unabhängige Produzentin ihre Projekte entwickeln und finanzieren wollen?
Die europäische Filmindustrie ist über die zahlreichen Koproduktionsmärkte und Drehbuchentwicklungsinitiativen sehr gut vernetzt und es gibt mit Eurimages und MEDIA zuverlässige internationale Förderpartner.
Auch Dorothe Beinemeier und ihre Firma Red Balloon Film aus Hamburg besuchte 2017 den "EAVE Producers Workshop". Die Absolventin der Filmhochschule in Potsdam profitierte zuvor bereits von europäischen Fortbildungsinitiativen wie der Media Business School und dem Ateliers du Cinéma Européen, und sie war zudem 2006 Teilnehmerin von Berlinale Talents.
Was war deine Intention bei EAVE mitzumachen und mit welchem Projekt hast du teilgenommen?
Ich habe meine eigene Firma Red Balloon Film gemeinsam mit maze pictures neu gegründet und mein "Flagship"-Projekt "Alea Aquarius" dabei gehabt, das auf der gleichnamigen Romanreihe von Tanya Stewner basiert, allesamt Spiegel-Bestseller und im Oetinger Verlag erschienen. Maria von Heland wird Regie führen und schreibt auch das Drehbuch. Gemeinsam mit ihr habe ich am EAVE-Workshop teilgenommen. Das hat nicht nur uns als Team zusammengeschweißt, sondern auch das Projekt in kürzester Zeit einen großen Schritt weitergebracht. Dank des Projektmarktes, der am Ende des dritten Workshops stattfindet, konnte ich internationale Finanzierungsmöglichkeiten und sogar bereits international Partner ausloten und festmachen. Das dauert sonst alles viel länger. Im Rahmen des EAVE-Workshops aber passierte es, auch dank "harter" Deadlines, innerhalb eines Dreivierteljahres - von der Synopsis zur Präsentationsmappe und ersten Drehbuchfassungen.
Serge Bierset, mit dem du eine TV-Serie produzierst, die im Rahmen des SERIES LAB HAMBURG den NDR Preis "Albatross" gewonnen hat, war ebenfalls Teilnehmer. Habt ihr euch dort kennen gelernt?
Ja, wir waren in einer Gruppe und haben schnell festgestellt, dass wir unbedingt zusammenarbeiten müssen. Wir haben mehrere gemeinsame Projekte in Entwicklung.
Was war für dich die wichtigste Erkenntnis, die du aus dem Training mitnimmst?
Wiedermal, dass ein weites Netzwerk unbezahlbar ist. Die insgesamt drei intensiven Workshops geben dir Zeit, nicht nur Leute aus der eigenen Gruppe, sondern auch aus den anderen Gruppen kennenzulernen. Anders als bei anderen Workshops ist man hier nicht nur unter Produzenten, sondern es dürfen auch Autoren, Verleiher oder Leute von Filmförderungs-Institutionen teilnehmen. Zudem werden viele Experten zu den Workshops eingeladen. Man lernt in kürzester Zeit so viele tolle Leute und Projekte kennen, wie gesagt, das ist Gold wert.
Bist du in Kontakt mit weiteren Teilnehmern des Jahrgangs 2017?
Ja, unbedingt. Wir treffen uns weiterhin zu einem festen Termin im Jahr, und mit zwei weiteren Produzenten arbeite ich bereits zusammen. Gemeinsam mit der Produzentin Müge Ozen aus der Türkei wurden zwei unserer Projekte im Rahmen des German-Turkish Co-Production Development Funds gefördert. Einen davon, "When I'm Done Dying" wollen wir bereits in diesem Jahr drehen. Dann gibt es noch eine weitere TV-Serie in Entwicklung; darauf werde ich mich neben der Produktion von Kinderfilmen konzentrieren.
Einreichtermin für den "EAVE Producers Workshop 2019" ist voraussichtlich September 2018. Interessierte finden bei EAVE aber auch weitere Fortbildungsangebote wie zum Beispiel den "EAVE Marketing Workshop" (für Produzenten mit einem Projekt, viertägiger Intensivworkshop zu innovativen und zeitgemäßen Marketingstrategien und internationalen Vertriebsmechanismen), "EAVE +" (für international erfahrene Produzent*innen, viertägiger Intensivworkshop zum Thema Firmenstrategien, Managementpraktiken und neuen Geschäftsmodelle) oder auch "Ties That Bind" (für Produzenten, zweiteiliger Koproduktions-Workshop für Spielfilmprojekte aus Asien und Europa).
Ausführliche Information unter: www.eave.org
Permalink: https://creative-europe-desk.de/artikel/news/30-jahre-eave