Neues Rechtsgutachten zu generativer KI und Urheberrecht

Ein vom EU-Parlament in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten gibt konkrete Empfehlungen zur Reform des europäischen Urheberrechts

  • Die Titelseite eines EU-Reports

Generative KI stellt das europäische Urheberrecht in seiner gegenwärtigen Form vor große Herausforderungen. Ein vom EU-Parlament in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten erkennt das disruptive Potenzial generativer KI auch auf juristischer Ebene an und mahnt zur Eile. Thematisch berührt es dabei die Trainingsdaten generativer KI sowie die Klärung urheberrechtlicher Fragen im Umgang mit teils und vollständig KI-generierten Inhalten.

In- und Outputseite betroffen

Dass urheberrechtlich geschützte audiovisuelle Inhalte als Trainingsdaten generativer KI verwendet werden, ohne dass die Urheber ein Mitspracherecht haben oder dafür entlohnt werden, wurde früh als Herausforderung im Umgang mit generativer KI identifiziert. Gleichermaßen herausfordernd ist jedoch die Frage, wie es um das Urheberrecht teils- oder gänzlich KI-generierter Inhalte bestellt ist. Genießen sie adäquaten rechtlichen Schutz? Und wenn ja, wer ist der tatsächliche Urheber und Rechtehalter – die Person, die den Prompt geschrieben hat oder womöglich das Tech-Unternehmen, das die KI entwickelt hat? Beispielhafte Fragen wie diese illustrieren die Notwendigkeit rechtlicher Klärung sowohl im Interesse etablierter kultureller als auch innovationsfreudiger Akteure. Das Gutachten möchte mit seinen Empfehlungen explizit beide Perspektiven einschließen. 

Kernpunkte des Gutachtens

Als größte Herausforderung sieht das Gutachten die Neuinterpretation europarechtlicher Grundsätze, um zu verhindern, dass technische Innovation deren Kohärenz untergräbt. Dabei soll das Urheberrecht nicht an die KI angepasst, sondern sichergestellt werden, dass die KI-Entwicklung die zentralen rechtlichen und politischen Grundsätze des EU-Urheberrechts respektiert. Dazu zählen Urheberschaft, Originalität und angemessene Vergütung. Das Gutachten benennt fünf zentrale Erkenntnisse: 

  1. Die derzeitige EU-Ausnahmeregelung für Text- und Data-Mining (TDM) ist nicht für den Fall von KI-Trainingsdaten geeignet und ihre Anwendung auf solche Systeme birgt die Gefahr, den Zweck und die Grenzen der EU-Urheberrechtsausnahmen zu verzerren.
  2.  Vollständig maschinell generierte Ergebnisse sollten ungeschützt bleiben; KI-gestützte Werke erfordern angepasste Schutzkriterien.
  3. Eine gesetzliche Vergütungsregelung ist unerlässlich, um die wachsende Wertschöpfungslücke zwischen Urhebern und KI-Entwicklern zu schließen.
  4. Kohärentere, sektorübergreifende institutionelle Maßnahmen statt fragmentierter Zuständigkeiten sind notwendig.
  5. Ohne rechtzeitige Reformen drohen der EU Rechtsunsicherheit, Marktkonzentration und kulturelle Homogenisierung.

Schrittweise Implementierung

Mit einem Fokus auf Kontinuität und Konsistenz bestehender europäischer Rechtsgrundsätze empfiehlt das Gutachten ein mehrstufiges Vorgehen. Dabei sollen in einem ersten Schritt Urheberrechte nach bestehenden Rechtsgrundsätzen geschützt werden, bis in einem zweiten Schritt neue gesetzliche Mechanismen beschlossen sind, die Rechtssicherheit, Rückverfolgbarkeit und faire Vergütung sicherstellen können. Das Gutachten entwirft hierfür drei mögliche Szenarien – orientiert daran, wie umfangreich die empfohlenen Maßnahmen implementiert werden. 

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