Für die Zukunft gerüstet

Das beim Europarat angesiedelte Eurimages-Programm

  • Roberto Olla, sei Juli 2008 Geschäftsführer von Eurimages

Eurimages, angesiedelt beim Europarat und neben dem MEDIA Programm die zweite europäische Förderung für die audiovisuelle Branche, unterstützt europäische Koproduktionen, Verleiher und Kinos. MEDIA Magazin sprach mit Roberto Olla, der seit Juli 2008 Geschäftsführer von Eurimages ist.

Eurimages hat mittlerweile 34 Mitgliedsländer und feierte 2009 sein zwanzigjähriges Bestehen. Wie würden Sie die Rolle von Eurimages in Europa charakterisieren?

RO: Eurimages ist der erste und bisher einzige gesamteuropäische Koproduktionsfonds. In den zwanzig Jahren seit seiner Gründung hat Eurimages mehr als 1300 Koproduktionen mit insgesamt mehr als 380 Millionen Euro gefördert. Ich finde allerdings, dass Zahlen nicht das Wichtigste sind, denn Eurimages wurde ins Leben gerufen, um Koproduktionen von Qualitätsfilmen zu unterstützen. Eurimages ist eine kulturelle Förderung und muss an diesem Anspruch gemessen werden. Ich denke, sie erfüllt ihren Zweck, denn allein 2009 liefen zwölf von Eurimages unterstützte Filme in Cannes, sechs davon im Wettbewerb, darunter der Gewinner der Goldenen Palme, Michael Hanekes „Das weiße Band“. Wir hatten im selben Jahr außerdem neun Filme bei der Berlinale, fünf in Venedig, den Preisträger des Filmfestivals von Sarajevo, usw. Wenn man Qualität an Festivalerfolgen ablesen kann, ist Eurimages also außerordentlich erfolgreich.
Dadurch, dass Eurimages Produzenten unterstützt, die nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch in künstlerischer und technischer Hinsicht kooperieren, hat die internationale Zusammenarbeit bei Filmproduktionen zugenommen. Solche Resultate sind zwar nicht quantifizierbar, aber ich glaube, dass Eurimages gerade auf diesem Gebiet am meisten bewirkt hat.

Aus Deutschland wird vor allem die Eurimages-Förderung für Koproduktionen beantragt. Was sind die wichtigsten Kriterien, die ein Projekt erfüllen muss, um gefördert zu werden?

RO: Wir unterscheiden zwei Arten von Kriterien: Antragsvoraussetzungen und Auswahlkriterien. Die Antragsvoraussetzungen betreffen finanzielle, rechtliche und technische Aspekte von Koproduktionen, objektive Gegebenheiten also, die vom Eurimages-Sekretariat in Straßburg geprüft werden. Zum Beispiel müssen Koproduktionen die Bedingungen von bilateralen Abkommen oder dem Europäischen Koproduktionsabkommen erfüllen. Da es sich bei der Eurimages-Förderung nicht um eine Anschub- sondern um eine Spitzenfinanzierung handelt, muss außerdem der Nachweis erbracht werden, dass in jedem Land der Koproduktion mindestens fünfzig Prozent der Finanzierung gesichert sind, und zwar in Form von Förderung, Fernsehbeteiligung - per Vorverkauf oder Koproduktion - oder einer Verleih- bzw. Vertriebsgarantie. Projekte, die die Antragsvoraussetzungen nicht erfüllen, nehmen nicht am Auswahlverfahren teil.
Diejenigen Projekte, die die Prüfung durch das Sekretariat erfolgreich durchlaufen, werden dann dem Board of Management, das sich aus Vertretern der Mitgliedsländer zusammensetzt, zur Auswahl vorgelegt. Dieses entscheidet anhand der Auswahlkriterien, die vor allem künstlerische Aspekte betreffen und auch die internationalen Auswertungschancen und den Grad der Zusammenarbeit der Koproduzenten bewerten. Pro Sitzung stehen etwa fünf Millionen Euro zur Verfügung. In vier Sitzungen pro Jahr werden jährlich 55 bis 60 Projekte gefördert.

Eurimages bietet auch eine Digitalisierungsförderung an. In welcher Form?

RO: Die meisten in Europa produzierten Filme werden nach wie vor in 35mm hergestellt. Die digitale Technologie ist zwar auf dem Vormarsch, aber das Tempo, in dem dies geschieht, ist innerhalb Europas von Land zu Land sehr unterschiedlich. Dazu kommt, dass zwar immer mehr Kinos mit digitaler Projektionstechnik ausgestattet werden, dass aber die digital zur Verfügung stehenden Filme in der Mehrzahl nicht aus Europa kommen. Die Kosten der Herstellung eines digitalen Masters trägt normalerweise der Produzent. Deshalb hat Eurimages vor drei Jahren eine neue Förderung eingeführt, um Produzenten bei der Digitalisierung ihres Katalogs Eurimages-geförderter Filme zu unterstützen. Es geht darum, europäische Inhalte für Kinos mit digitaler Ausstattung bereitzustellen.
Konkret fördern wir bis zu achtzig Prozent der Digitalisierungskosten mit einer Obergrenze von 30.000 Euro pro Master. Diese Förderung sehen wir als Maßnahme an, um den Übergang zur digitalen Technologie zu beschleunigen. Wenn dieser dann vollzogen ist und die europäischen Produzenten in der Postproduktion regelmäßig Master in 2K Qualität herstellen, wird Eurimages seine finanziellen Ressourcen für etwas anderes verwenden.

Sie sind seit 2002 bei Eurimages und wurden im Juli 2008 zu dessen Geschäftsführer ernannt. Wie hat sich Eurimages in dieser Zeit verändert, und welche neuen Elemente haben Sie selbst als Geschäftsführer eingeführt?

RO: Als ich 2002 als Projektmanager zu Eurimages kam, befand sich der Fonds in einer tiefen Identitätskrise. Dann bekamen wir einen neuen Präsidenten: Jacques Toubon. Er hat den Weg geebnet für eine moderne, demokratische und transparente Förderung. Die sieben Jahre seiner Präsidentschaft haben die Art und Weise, wie Eurimages arbeitet und von außen wahrgenommen wird, entscheidend geprägt.
Daher konnte ich seit meiner Ernennung zum Geschäftsführer mit der Unterstützung von Jacques Toubon drei wesentliche Änderungen einführen:

Eurimages setzt heute professionelle, unabhängige Lektoren ein, die das Board of Management bei der Bewertung der künstlerischen Qualität der Projekte unterstützen. Sie werden direkt vom Sekretariat beauftragt und bleiben anonym. Es handelt sich dabei um international bekannte Autoren, die jeweils aus einem anderen Land stammen als der Regisseur und die Produzenten.
Zweitens sorgen wir für Transparenz bei den Rückflüssen aus Eurimages-geförderten Filmen, indem wir einen Collection Account Manager einsetzen. Alle Projekte mit einem Budget über drei Millionen Euro müssen einen Collection Agent einschalten. Eurimages hat zu diesem Zweck eine Ausschreibung durchgeführt und einen Standardvertrag mit einem Collection-Account-Anbieter ausgehandelt, der sehr gute Konditionen bietet. Natürlich steht es aber jedem Produzenten frei, auch einen anderen Collection Account Manager einzusetzen.
Von 2011 an wird der finanzielle Beitrag der Mitgliedsstaaten aufgrund eines komplexen Systems von Parametern berechnet, die sowohl das Bruttosozialprodukt und die Bevölkerungszahlen der Mitgliedsländer als auch die Anzahl internationaler Koproduktionen, die Zahl der Einreichungen bei Eurimages und die Höhe der bewilligten Förderungen berücksichtigen. Diese neue Methode erlaubt es, den Besonderheiten mancher Mitglieder von Eurimages besser Rechnung zu tragen.

Es war nicht leicht, diese Änderungen auszuhandeln, aber das gegenwärtige Klima von Respekt und Vertrauen hat es dem Sekretariat, dem Board of Management und dem Präsidenten ermöglicht, Lösungen zu präsentieren, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären.
Heute kann Eurimages voller Hoffnung in die Zukunft blicken: Seit November 2009 haben wir einen neuen Präsidenten aus Deutschland. Jobst Plog ist eine international versierte Persönlichkeit und als langjähriger ARTE-Präsident nicht nur in der deutschen und französischen audiovisuellen Branche bestens bekannt. Ich bin sicher, dass er sich den bevorstehenden Herausforderungen mit Energie und großem Geschick widmen wird. Eurimages hat eine große Zukunft!

Interview: Ingeborg Degener

Weitere Infos über Eurimages hier:
http://www.coe.int/t/dg4/eurimages/default_en.asp