Demaskiert! Vier Fragen an Sonja Heinen (European Film Promotion)

  • Sonja Heinen, Geschäftsführerin der MEDIA geförderten European Film Promotion © efp

Die Geschäftsführerin der MEDIA-geförderten European Film Promotion Sonja Heinen über die diesjährige digitale Ausgabe der Shooting Stars, neue Initiativen des internationalen Netzwerks angesichts der Pandemie und was sie sich vom neuen MEDIA-Programm wünscht

EFP versammelt Filminstitutionen aus 37 Ländern in Europa. Wie haben Sie als internationales Netzwerk den Beginn und Lauf der Pandemie 2020 erlebt?

Sonja Heinen: Wir sind noch näher zusammen gerückt und das hat uns allen geholfen, weil ja alle in der gleichen Situation sind. In allen Ländern gab es Lockdowns, Filmfestivals, die verschoben wurden oder komplett ausfielen, Filmmärkte, die in den digitalen Raum verlegt wurden und Kinos, die geschlossen werden mussten und immer noch geschlossen sind. Als Netzwerk haben wir sofort auf die Pandemie reagiert und uns in kürzester Zeit eine neue Strategie überlegt und auch unsere Rolle neu definiert bzw. teils stärker gewichtet. Wir konnten und können noch stärker als bisher als zentraler Vermittler zwischen Festivals und Verleihern aus dem internationalen Ausland auf der einen Seite und Weltvertrieben, Produzent*innen und nationalen Filminstitutionen auf der anderen Seite fungieren.  Aus anfänglichen „EFP Crisis Committee Meetings“ wurden unsere EUROPE! CALLS für die Filminstitute aus ganz Europa, für Sales, Festivals und andere Industriepartner und –verbände, um sich schnell über neu gewonnene Erfahrungen und Best-Practice-Beispiele auszutauschen.  Dieses Format wurde von allen Seiten sehr gut angenommen und wird deshalb natürlich auch in 2021 fortgesetzt.

Mit Initiativen wie „Shooting Stars“ auf der Berlinale oder „Producers on the Move“ in Cannes ist EFP hängt die Arbeit von EFP stark mit Festivals in und auch außerhalb Europa zusammen. Mit welchen Maßnahmen hat EFP auf die neue Lage rund um Reisewarnungen und verschobene wie abgesagte Festivals reagiert?  

Sonja Heinen: Im März war es ganz schön knapp. Von unserem ersten Miami Film Market (einem neuen Boutique-Markt für 20 ausgewählte europäische Weltvertriebe und 30 lateinamerikanische Verleiher) konnten einige Teilnehmer*innen nur noch soeben zurückreisen, weil die USA dann die Flüge nach Europa strich. Wir haben bis jetzt alle unsere Programme in Kooperation mit den Festivals in Toronto (HotDocs: The Changing Face of Europe), Karlovy Vary (Future Frames), Cannes (Producers on the Move), Sydney (Europe! Voices of Women in Film) in digitale Formate umsetzen können und arbeiten zurzeit unter Hochdruck an der 24. Ausgabe der EUROPEAN SHOOTING STARS. Das Programm wird eine Woche vor der digitalen Version der Berlinale als dreitägiges Onlineprogramm für Branche, Presse und interessiertes Publikum stattfinden. Wir haben im Laufe der Zeit sehr gute Erfahrungen sammeln können, wie wir Produzent*innen, junge Filmemacher*innen,  Regisseur*innen online promoten und vernetzen und wie wir auch die europäischen Weltvertriebe auf den digitalen Märkten gut präsentieren und so gut es derzeit möglich ist beim Verkauf europäischer Filme unterstützen können. Die Pandemie hat unsere Arbeit grundlegend verändert, aber wir werden weiterhin dafür sorgen, dass unsere Marke 'EUROPE! Films. Talent. Spirit.' so viel und gut wie möglich international weiter sichtbar und positiv besetzt ist.

Ist es durch die Pandemie noch schwieriger geworden, die Interessen der verschiedenen Länder unter ein Ziel zu vereinen? Wir leben in Zeiten mit großer nationalstaatlicher Tendenz. War EFP auch davon betroffen?

 Sonja Heinen:  Nein, eigentlich gar nicht. Wir haben eine wahnsinnig große Solidarität untereinander gespürt. Wir sitzen doch alle im selben Boot. Natürlich sehen wir die eine oder andere politische Entwicklung in unseren Mitgliedländern. Aber unser gemeinsames Ziel, europäische Filme international zu promoten, ist immer noch dasselbe.

Im nächsten Jahr startet das neue MEDIA-Programm. Was wünschen Sie sich aus der Perspektive von EFP vom neuen Programm?

Sonja Heinen: Die Filmwelt hat sich und wird sich weiter gravierend verändern. Auf diese Veränderung muss das neue MEDIA-Programm reagieren und ergänzende Angebote machen. Es ist nicht einfach, ein neues Programm unter solchen Ausnahme-Bedingungen zu starten. Ganz neue Ziele anzustreben erscheint irgendwie im Moment fast unangemessen, weil es allerorts eigentlich erstmal darum geht, diese schlimme Krise einigermaßen zu überstehen. Ich bin sehr gespannt, was unter „Modernisierung des Programms“ verstanden wird, wie es die EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Mariya Gabriel in der Pressemeldung Mitte Dezember gesagt hat.

Wir danken Sonja Heinen für dieses Interview!