Demaskiert! Vier Fragen an Emely Christians von Ulysses Filmproduktion

  • Emely Christians, Ulysses Filmproduktion, Foto: privat

Eine der erfahrensten und erfolgreichsten Filmproduzentinnen der deutschen und europäischen Animationsszene kommt aus Hamburg Altona. Ob bekannte Marken wie Schleichs Bayala-Elfen, die sie in einen Kinofilm umsetzen oder originäre Stoffe wie “Ooops! Die Arche ist weg…”, das Ulysses-Team produziert qualitativ hochwertiges Family Entertainment immer mit Partnern aus Europa.

An internationalen Branchenevents, wie denen von Cartoon nehmen sie regelmäßig teil und werden dort dann auch mal eben zum“European Animation Producer of the Year” gekürt. Die Firma hat bereits mit mehreren MEDIA Förderungen Animationsfilme und –serien entwickelt, aktuell steht die Adaption von Terry Pratchetts „The Amazing Maurice“ auf der To-do-Liste.  

Ein Kinostart in 2020, daran denken viele wohl eher mit Schrecken. Wie war die Erfahrung mit dem zweiten Teil eurer wahnsinnig erfolgreichen “Ooops!”-Filme? Und was das Leben nach dem Kino angeht: Der erste Teil wurde 2015 weltweit in alle Länder verkauft. Wie läuft das jetzt mit “Ooops!2” in der Pandemie?  

Dass unser öffentliches Leben plötzlich weitgehend heruntergefahren wird und Kinos von einem Tag auf den anderen Tag geschlossen bleiben, hätte ich vor kurzem nicht für möglich gehalten. Jetzt, da die Kinos hoffentlich bald ihren Betrieb (zum zweiten Mal) wieder aufnehmen, müssen, wie sich aktuell abzeichnet, gerade die deutschen Filmproduzent*innen helfen, die entstandene Situation zügig zu überwinden: Wir müssen gute und hochwertige Filme produzieren und herausbringen, damit die Kinos den Menschen weiterhin ein attraktives Angebot an Kultur, Bildung und Unterhaltung bieten können.

Wir haben uns die Entscheidung, den Film im Herbst 2020 zu starten, nicht leicht gemacht, aber in intensivem Austausch mit dem Verleih haben wir es dann gewagt und das war auch genau richtig. Denn ebenso wie jetzt, haben sich auch nach dem ersten Lockdown die Menschen, Familien und Kinder nach Unterhaltung, ein wenig ‚normalem‘ Leben und Leichtigkeit gesehnt. Wir haben letztlich für die Kinoauswertung von „Ooops!2 – Land in Sicht“, ein sehr gutes Kinofenster erwischt, von Ende September 2020 bis zum 2. Lockdown hat der Film mehr als 240.000 Zuschauer in Deutschland erreicht, darüber freuen wir uns!  

Der weltweite Release-Plan hat allerdings doch sehr gelitten. UK und Irland (eOne) haben den Film im Herbst 2020 gestartet und wir sind auf Platz 1 der UK Box Office Charts eingestiegen, das Ende kam dort allerdings zu schnell, nun müssen wir sehen, wie es nach Lockerungen und Öffnung der Kinos weitergeht. Frankreich, auch ein wichtiges Kino-Land für unsere Filme, plante einen Start im Februar 2021, wie sich das entwickelt und ob das machbar bleibt, kann ich momentan nicht sagen. Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass wir in 2021 viele Kinostarts haben werden, zunächst halten wir an dieser Strategie fest, sind aber durchaus offen für andere Auswertungsformen. Das gute an unserem Film und dessen Thema ist, dass das nicht schnell „alt“ wird. Die Geschichte der Arche hat ja schon einige Jahre auf dem Buckel, da kommt es jetzt nicht auf einige wenige Monate an… 

Das Arbeiten mit europäischen Partnern scheint bei euch in der DNA verankert. Wie findet ihr diese, worauf kommt es dabei an?   

Unser Team bei Ulysses, aber auch unsere langjährigen Partner von Studio Rakete, teilen unseren Ansatz: Wir glauben an Zusammenarbeit und Koproduktionen und sehen dies nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance, die Filme schon im frühen Stadium von verschiedenen Seiten aus zu beleuchten, zu bewerten und fortwährend zu verbessern. Es ist nie verkehrt, über den Tellerrand zu schauen und andere Meinungen gelten zu lassen. Gerade im kreativen Bereich sind Koproduktionen eine riesige Bereicherung. 

Und auch wenn diese Konstellationen sicher komplizierter und manchmal auch etwas „anstrengend“ sind, sind es doch die Vorteile, die überwiegen. Auch aus Budget Sicht ist das eine gute Möglichkeit, eine solide Finanzierung zusammenzubekommen, denn Animationsfilme kosten viel Geld. Unsere Budgets bewegen sich zwischen 7 und 11 Millionen Euro, das wäre allein aus Deutschland heraus für uns nicht machbar. 

Wir haben schon mit Leuten und Firmen in vielen Ländern zusammengearbeitet, momentan produzieren wir unseren 12. Film in internationaler Koproduktion, da lernt man über die Zeit, welche Länder und Partner gut für das Projekt sein werden – und das müssen gar nicht immer die gleichen sein. 

Welche MEDIA Trainings und auch Märkte kannst du empfehlen und wie bereitest du dich zum Beispiel auf Pitchings dort vor?  

Als Animationsproduzentin sind für uns Cartoon Movie und Cartoon Forum die wichtigsten Branchenevents des Jahres. Dort treffen wir Koproduzenten und können entweder unsere Projekte pitchen – oder auch Film- und Serienkonzepte finden, bei denen wir uns vorstellen können, als Koproduzent an Bord zu kommen. Das sind immer vier Tage intensiven Austauschs, auch mit Verleihern, Sendern und Weltvertrieben. Zudem sind natürlich die MEDIA Events und Programme rund um die Berlinale und das Cannes Film Festival wichtige Märkte. Da wir international arbeiten, sind das die besten Gelegenheiten, neue Leute zu treffen und an Gespräche der letzten Zeit anzuknüpfen.  

Was wünschst du dir vom neuen MEDIA Programm?  

Was an den MEDIA Programmen bislang so hilfreich war und was wir uns auch für die Zukunft weiter wünschen, ist der starke Fokus auf Entwicklung. Ich denke, die ersten Development-Schritte sind essentiell für den gesamten Erfolg eines Projektes. Das Script ist die Basis für alles Weitere, darauf müssen wir uns am Anfang konzentrieren. Dann kommt der visuelle Ansatz, Character- und Set Designs und eventuell ein erster Teaser, in der Animation recht teuer, aber unabdingbar, um potenzielle Finanzierungspartner zu gewinnen. 

Hier wünschen wir uns gute finanzielle Mittel, um qualitativ hochwertige Filme und Serien aus Europa heraus zu entwickeln.
Zudem wäre es erfreulich, wenn MEDIA auch weiterhin, wie in der Vergangenheit bereits mehrfach getan, die Finanzierung der Projekte hinsichtlich Sicherheiten und Zugangsmöglichkeiten zu Gap Finanzierungsmöglichkeiten im Auge behält.  

Wir danken Emely Christians für das Interview!