Arthouse-Horror für lange Nächte und ein Gangsterfilm als Musical-Melodrama

Mit ihrem Spielfilmdebüt „Spirit In The Blood“ (7.11.) gelingt der gebürtigen Kanadierin Carly May Borgstrom ein so atmosphärischer wie nervenaufreibender Genremix aus Thriller, Coming-of-Age und Elevated Horror. „Neuigkeiten aus Lappland“ (14.11.) überbringt in diesem November eine schräge finnische Komödie, in der eine ganze Armada irrwitziger Figuren antritt. Und dann ist das noch das große Filmereignis des Jahres: Jacques Audiards „Emilia Pérez“ (21.11.), der bereits in Cannes Preise abräumen konnte, für Frankreich ins Rennen um einen Oscar geht und in vier Kategorien für den Europäischen Filmpreis nominiert ist. Eine grandiose Show voller Vitalität und Energie, die in ihren Bann zieht und leidenschaftlich die Macht des Kinos und der Bilder zelebriert.

Bereits in seinem Meisterwerk „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ unternahm Jacques Audiard den Versuch, die Sprache des Begehrens und der Liebe für das Kino neu zu dechiffrieren. Wie leben und lieben wir in unseren Zeiten? Wie und wo konstruieren sich Identität und Realität, davon erzählt er nun auch in „Emilia Pérez“ (21.11): Die Anwältin Rita (Zoe Saldaña) ist ein kleines Licht in einer großen Firma: überqualifiziert, aber unterrepräsentiert. Ihrer Intelligenz verdanken Drogendealer, Mörder und Kartellbosse die Freiheit. Im Blitzlichtgewitter sonnt sich hinterher ihr stets korrumpierbarer Chef. Eines Tages bietet sich ihr ein Ausweg: Kartellboss Manitas del Monte (Karla Sofía Gascón) will mit ihrer Hilfe aus der Mafia-Welt aussteigen. Rita soll den Schlussstrich unter sein zweifelhaftes Lebenswerk ziehen, ein neues Leben für seine Familie organisieren und einen Plan umsetzen, den er seit Jahren vorbereitet hat: Er will sich in die Frau zu verwandeln, die er tief im Inneren schon immer war: „Emilia Pérez“. Doch Manitas‘ Vergangenheit ist eine Geschichte, die nur ihren eigenen Regeln gehorcht, die wiederkehrt und sich mit aller Gewalt rächen wird.
Die Filmkritikerin Hannah Pilarczyk (Spiegel)  betitelte in Anspielung auf die ungewöhnlichen Figuren, die Musik und das Setting ihre Rezension mit „Welcher Algorithmus hätte das je ausgespuckt?“ Das Drama ist hochkarätig besetzt, mitreißend und intensiv und damit auch wieder ein klassischer Audiard, der seine Fans mit jedem seiner Filme immer wieder aufs Neue herausfordert und überrascht.

Der Blick über den Atlantik ist aktuell besonders düster, nicht aber, wenn der Debütfilm von Carly May Borgstrom „Spirit in the Blood“ (7.11.) auf der Leinwand zu sehen ist. Produziert von der Hamburger Junafilm mit MEDIA Entwicklungsförderung gelingt es der Nachwuchsregisseurin mit einem fantastischen Nachwuchs-Cast intensive Spannung und eine hohe Identifikation mit den jungen Mädchen im kanadischen Wald zu erzeugen. Horrormotive sind gekonnt mit Coming-of-Age und beeindruckenden Bildern der Landschaft verwoben (Kamera: Zamarin Wahdat), Fans von „Stranger Things“, dem 80er Jahre Klassiker „Stand by Me“ und Elevated Horror kommen hier voll auf ihre Kosten.

Auf der gleichnamigen Romanvorlage von Helene Bukowski basiert „Milchzähne“ (21.11.), verfilmt von der schweizerisch-deutsch-schwedischen Regisseurin ­Sophia Bösch, in der eine dystopische Welt voller Aberglauben und Ängsten ebenfalls im Horror- und Mystery-Genre erzählt wird. Weydemann Bros. entwickelten das Projekt mithilfe einer MEDIA Slate Förderung.Ebenfalls ebenfalls auf eine Romanvorlage basiert „Mariannengraben“ (7.11.), das Spielfilmdebüt der Regisseurin und Drehbuchautorin Eileen Byrne. Sie erzählt nach dem Bestseller von Jasmin Schreiber eine tief berührende Geschichte über den Tod und darüber am Leben zu bleiben. Ein Ereignis sind der Charakterdarsteller Edgar Selge und Shooting-Star Luna Wedler, die in dem Film als so ungleiches wie herzerwärmendes Duo vor der Kamera stehen.

Im Dokumentarfilm „Über uns von uns“ (28.11.) begleitet Regisseurin Rand Beiruty das Leben von sieben Teenagerinnen auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden, in Eberswalde, einer ostdeutschen Provinzstadt, 55 km von Berlin entfernt. Als Neuankömmlinge in der Stadt müssen die Mädchen nicht nur die typischen Herausforderungen des Teenagerlebens meistern wie Freundschaften, Schule und Selbstfindung, sondern sich auch an eine neue Kultur und Umgebung gewöhnen und sich mit den Nuancen ihrer Identität als Einwanderer und Flüchtlinge auseinandersetzen. Die Regisseurin bietet den Mädchen Workshops an, in denen sie ihre Hoffnungen, Träume und Ängste durch Schreiben, Musik und Schauspiel erforschen und anschließend Szenen schreiben, die sie vor der Kamera darstellen.

Alle Filme mit Start im November:

7.11. Marianengraben, Regie: Eileen Byrne, im Verleih von Alamode Film 

7.11. Tony, Shelly und das Magische Licht, Regie: Filip Pošivač, im Verleih von Eksystent  

7.11. Frau aus Freiheit, Regie: Małgorzata Szumowska & Michał Englert, im Verleih von Salzgeber  

7.11. Mascarpone 2: The Rainbow Cake, Regie: Alessandro Guida, Nicola De Angelis, im Verleih von Cinemien 

7.11. Spirit In The Blood, Regie: Carly May Borgstrom, im Verleih von Weltkino

14.11.  Weihnachten in der Schustergasse, Regie: Mikal Hoval, im Verleih von Capelight Pictures 

14.11. Frohes Fest - Weihnachten retten wir die Welt, Regie: Jeanne Gottesdiener, im Verleih von Happy Entertainment 

14.11.  Neuigkeiten aus Lappland, Regie: Miia Tervo, im Verleih von Neue Visionen 

21.11.  Emilia Pérez, Regie: Jacques Audiard, im Verleih von Neue Visionen/Wildbunch Germany  

21.11.  Milchzähne, Regie: Sophie Bösch, im Verleih von Farbfilm  

28.11. Über uns von uns, Regie: Rand Beiruty, im Verleih von Real Fiction