Welche Fähigkeiten brauchen Showrunner in Europa? Was zeichnet Creative Leadership aus? Am 1. Juli 2025 lädt das Creative Europe Desk München zu einer kostenlosen Masterclass mit Jeppe Gjervig Gram, Autor/Showrunner der dänischen Erfolgsserien BORGEN und FOLLOW THE MONEY sowie Programmleiter des „European Showrunner Programme“ ein. Seine Keynote Showrunning in Europe: The Craft of Creative Leadership im Münchner Amerikahaus verspricht Einblicke in die Position an der Spitze des Writers' Rooms, in die Kreativprozesse und die Entscheidungsstrukturen hinter herausragenden europäischen Serien. Um Anmeldung wird gebeten.
„Ich hoffe, dass ich niemals mit meinen Studierenden zusammenarbeiten werde“, gestand Jeppe Gjervig Gram einmal augenzwinkernd in einem Interview mit der Blickpunkt Film. Um der Provokation Willen sage er das, wohlgemerkt – denn damit spielte der dänische Drehbuchautor und Showrunner auf den Kern seines Seminars an, das Creative Europe MEDIA geförderte „European Showrunner Programme“. Dessen Ziel sei nämlich nicht das Ausbilden von Serienautor:innen, die eines Tages unter Headautoren wie ihm an einem Projekt schreiben. Sondern das Hervorbringen neuer Showrunner, also kreativer Instanzen, die ihren ganz eigenen Writer’s Room gründen, bestücken, leiten und verantworten können. „How to creatively lead a TV series“ ist die Kernkompetenz, die das European Showrunner Programme erfahrenen Autor:innen vermitteln will – eine vielschichtige Aufgabe, die nicht nur dramaturgische Versiertheit verlange, sondern auch Führungskompetenzen, umfassende Kenntnisse im Filmemachen sowie ein wirtschaftliches Verständnis der TV-Serienproduktion.
Jeppe Gjervig Gram – Experte des Seriellen
Gjervig Gram hat an der nationalen Filmhochschule in Kopenhagen studiert. Dort hatte er sich bereits mit dem Ziel beworben, Serien zu machen: in den Nullerjahren noch ein einigermaßen ungewöhnliches Herangehen an ein Filmstudium. „(…) natürlich wollte ich anfangs eigentlich auch große Kinofilme machen und Regisseur werden“, erzählt Gram in einem Interview mit DWDL. „Doch als ich mit diesen ganzen Serien aus den USA in Berührung gekommen bin, hat es mich einfach umgehauen.“ Vielleicht wurde sein Wunsch auch durch seine vorherige Arbeit im Einkauf eines dänischen Senders bestärkt, wo er um die Jahrtausendwende erkannte, was der handwerkliche Vorsprung der US-Produktionen für das heimische TV-Programm bedeutete: „Dabei wollten wir für den Kanal wirklich europäische Serien kaufen, aber es gab (damals) wirklich nicht viel, das uns angesprochen hätte“, gesteht Gjervig Gram. Wie richtig er mit seinem Gespür für das Potenzial der Gattung Serie lag, sollte spätestens der Serienboom der 2010er Jahre unterstreichen.
Der Showrunner – eine kontroverse Position.
Doch so fest das Konzept des Showrunners im US-amerikanischen Modell verankert ist – so zögerlich wurde es bisher auf der anderen Seite des Atlantiks aufgenommen. Gegenüber Blickpunkt Film erwähnt Gjervig Gram konkurrierende Vorstellungen, was überhaupt gelungene künstlerische Führung ausmache – etwa den aus dem Kinofilm stammenden Auteur-Gedanken, der die Figur des Regisseurs untrennbar mit dem Wesen des Werks verknüpft. Oder auch das mangelnde Vertrauen von Produzentenseite, die Autor:innen mit einem umfassenden Entscheidungsspielraum auszustatten.
Aber nicht in allen Ländern herrschte diese Skepsis, wie Gram in einem Interview gegenüber Cineuropa betont: Dänemark ließ sich als eines der ersten europäischen Länder vom US-Modell inspirieren. DR, der öffentlich-rechtliche dänische Rundfunk, erkannte Ende der Neunzigerjahre einen Qualitätsrückgang in der heimischen Serienproduktion und schickte seine Leute zur Fortbildung nach Hollywood, genauer gesagt zu Showrunner Steven Bochco (NYPD Blue). Inspiriert vom amerikanischen Writers‘ Room-Konzept kehrten sie zurück auf den Kontinent und adaptierten dieses an den europäischen Way to Work: mit flacheren Hierarchien und einer deutlicheren Trennung von kreativen und finanziellen Aspekten. Nicht zuletzt der spätere Erfolg der Danish Wave mit Serien wie DIE BRÜCKE (2011-2018), THE KILLING/KOMMISSARIN LUND (2007-2012) oder die beiden Produktionen mit Beteiligung von Gjervig Gram, BORGEN (2010-2013) und FOLLOW THE MONEY (2016-2019), unterstreichen die Effizienz dieses Modells.
Inzwischen habe sich laut Gjervig Gram viel getan und auch andere europäische Länder würden auf ein Writers‘ Room-Modell mit einem Showrunner an der Spitze setzen – das „European Showrunner Programme“ gewinnt also an Aktualität. Doch sei parallel noch immer vielerorts ein mangelndes Bewusstsein gegenüber dem Showrunning-Konzept zu spüren. Etwas, das Gjervig Gram und das „European Showrunner Programme“ neben dem eigentlichen Seminar mit Think Tanks und Diskussionsrunden angehen möchten.
Wie leitet man den Writers‘ Room gerade in Europa? Welches Rüstzeug benötigen europäische Showrunner? Einblicke hierzu können Branchenvertreter:innen und alle Interessierten am 1. Juli 2025 um 10:00 Uhr im Amerikahaus München erhalten. Eine Eigenschaft verrät Gjervig Gram schon vorab: die Fähigkeit, Ideen im Writers‘ Room gedeihen zu lassen: „Wenn Sie mit Talenten arbeiten, die die richtige Idee haben, und Sie diesen jetzt noch die Freiheit verleihen, diese Idee auszudrücken: dann werden Sie auch gute Ergebnisse haben. Das ist in meinen Augen die Formel für den Erfolg.“
Hier geht's zur kostenlosen Anmeldung: https://showrunning-europe.eventbrite.de
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