European Film Promotion - Ein Powerhouse des europäischen Films

EFP erhält 1,8 Millionen Euro für 12 Promotion, Sales und Talentförder-Programme. Interview mit Jo Mühlberger, Stellvertretender Geschäftsführer EFP

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Mit etwa 1,8 Millionen Euro erhält European Film Promotion (EFP) den höchsten Betrag unter den aktuell geförderten Projekten und Initiativen für „Markets and Networking” des MEDIA Programms. Die von Hamburg aus in aller Welt für den europäischen Film aktive Promotion-Agentur erweist sich damit einmal mehr als umtriebiges Powerhouse des europäischen Films auf der internationalen Bühne. Organisiert ist EFP als paneuropäisches Netzwerk, dem fast 40 nationale Filmzentren in Europa angehören. Eine der populärsten Aktivitäten des Netzwerks sind die „European Shooting Stars”, die zehn europäische Schauspieler:innen bei einer festlichen Gala zur Berlinale mit den „Shooting Stars Awards” auszeichnet. Aus Deutschland war in diesem Jahr Leonie Benesch („Babylon Berlin”, „Der Schwarm”) dabei.

Wir haben mit Jo Mühlberger, dem stellvertretenden Geschäftsführer von EFP gesprochen, der sich nicht nur über die Fortsetzung ihrer erfolgreichen Programme und über die Marktpräsenzen in aller Welt freut, sondern auch von ihren konkreten Nachhaltigkeitszielen und Aktivitäten zur Diversifizierung der Branche berichtet.

Jo Mühlberger, Stellvertretender Geschäftsführer EFP

CED HH: Ihr habt gerade die zweijährige Finanzierung für eure Programme erhalten. Glückwunsch! Was bleibt, was ist Neues geplant?
Jo Mühlberger: Vielen Dank! Die finanzielle Unterstützung von Creative Europe ermöglicht European Film Promotion, 12 verschiedene Programme im Jahr durchzuführen, wie z.B. die Fortsetzung erfolgreicher Aktionen für Talente wie Shooting Stars oder Producers on the Move, dazu die EUROPE! Umbrellas als Maßnahmen für eine Präsenz auf Märkten außerhalb Europas.  
Denn gerade nach den Auswirkungen der Pandemie sind diese Angebote wie beim Toronto International Film Festival, dem Asian Contents & Film Market in Busan sowie beim FILMART in Hong Kong ein wichtiges Element zur Unterstützung der Sichtbarkeit und Zirkulation europäischer Filme. Auch die Angebote im Rahmen von Film Sales Support (FSS) an die europäischen Weltvertriebe sind nur durch die fortgesetzte Förderung von MEDIA möglich. 

In diesem Jahr konnten wir zum ersten Mal den physischen EUROPE! HUB in Sundance im Januar verwirklichen: nach zwei Jahren einer Onlinepräsenz über unseren EUROPE! Showcase, gab es nun endlich den Treffpunkt für alle europäischen Teilnehmenden und die internationalen Kolleg:innen beim Festival.  

Unser Programm EUROPE! Voices of Women in Film, dass wir gemeinsam mit dem Sydney Film Festival veranstalten, wird in Partnerschaft mit dem Rio International Film Festival als Marke für die Filme von europäischen Filmemacherinnen reisen.

CED HH: Was genau verbirgt sich hinter eurem geförderten Projekt “Film Sales Support”?  
JM: Über Film Sales Support (FSS) haben wir die Möglichkeit, Sales Agents mit einer finanziellen Förderung zu unterstützen. Diese bildet eine strukturelle Hilfe für Filmrechtehändler:innen in ihrer Promotionarbeit für die Märkte außerhalb Europas. 
Mit FSS Digital Plus haben wir FSS dahingehend erweitert, dass Weltvertriebe Förderung für digitale Promotionsmaßnahmen auch für Festivals innerhalb Europas für ihre Filme beantragen können, nämlich dann, wenn dieses Festival einen Schwerpunkt auf die Filmindustrie außerhalb Europas hat, wie z. B. das San Sebastian International Film Festival mit Lateinamerika.  
Mit FSS Inclusion haben wir eine neue Förderung aufgesetzt, die einen Fokus auf Diversität im Filmschaffen legt: Für Filme die Diversität und Inklusion zum Thema haben oder deren Macher:innen aus marginalisierten gesellschaftlichen Gruppen stammen, können von den Sales Agents Promotionsförderung beantragen, auch um diese bei spezialisierten Festivals zu bewerben. 

In welchen Regionen ist deiner Einschätzung nach das Interesse am europäischen Film besonders groß?
JM: „Nach wie vor ist der pan-europäische Markt der wichtigste. Weitestgehend unverändert ist außerhalb Europas der nordamerikanische Markt zentral für europäische Filme. Durch die Pandemie hat der lateinamerikanische Markt sehr gelitten und erholt sich nur langsam, dafür beobachten wir aber ein wachsendes Interesse aus dem asiatischen Raum wie jüngst beim EUROPE! Umbrella während FILMART in Hongkong. Hier konnten wir, neben der Nachfrage aus Süd-Korea und Japan, ein wachsendes Interesse aus kleineren süd-ostasiatischen Ländern z.B. Taiwan und Vietnam beobachten, die bislang eher selten als Märkte genannt wurden.

Im Mai seid ihr mit „The Changing Face of Europe“ in Toronto und präsentiert dort der nordamerikanischen Filmwelt 10 europäische Dokumentarfilme. Was steht für die Filmemacher:innen auf dem Programm?

JM: Für die Regisseur:innen gibt es, neben den Vorführungen ihrer Filme, vor dem für seine Begeisterung bekannten Publikum in Toronto ein umfassendes Vernetzungs-Programm. Außer den Veranstaltungen vor Ort, bieten wir vorab auch wieder online Sessions an, eine Kombination aus Treffen mit Verleiher:innen, Produzent:innen, Festivalprogrammier:innen und anderen Filmschaffenden aus Nordamerika. Daneben steht natürlich die Promotion der ausgewählten Filme und der Regisseur:innen u.a. über Medienpartnerschaften im Fokus. 
Zum ersten Mal sind werden wir im “Industry Center” des Festivals einen europäischen Treffpunkt anzubieten. Hier können alle teilnehmenden Europäer vorbeikommen, wenn sie auf der Suche nach Kontakten oder Informationen zum nordamerikanischen Markt sind. Umgekehrt findet die nordamerikanische Branche hier Informationen und Kontakte zu den Europäer:innen und ihren Filmen im Festival.

In Sachen Nachhaltigkeit verlangt MEDIA von den geförderten Projekten Strategien und Ideen. Welche Ziele habt ihr euch hier vorgenommen?
JM: Nachhaltigkeit bewegt uns schon eine Weile, und dass die von MEDIA geförderten Projekte hier ihren Teil dazu beitragen sollen, begrüßen wir sehr. Seit rund sechs Monaten haben wir zwei Kolleginnen im Büro, die diese Thematik bei EFP und bei unseren Programmen gezielt bearbeiten und darüber hinaus den Austausch mit den Mitgliedsorganisationen und den internationalen Partnern suchen. Mit TheGreenShot haben wir uns professionelle Beratung von außen geholt und sind dabei, einen Fahrplan zu erarbeiten, der es uns ermöglichen soll, entsprechend des European Green Deals den CO2 Ausstoß von EFP und seinen Programmen bis 2030 um 55% zu reduzieren
Das stellt uns vor große Herausforderungen, da der Kern unserer Arbeit die Promotion europäischen Filmschaffens außerhalb Europas ist, was bisher mit Co2 intensiven Flugreisen zu den internationalen Festivals und Märkten verbunden war. Diese zu hinterfragen und im Dialog mit unseren Mitgliedsorganisationen, den Festivals und auch den Teilnehmenden unserer Veranstaltungen Alternativen zu entwickeln, ist ein zentraler Punkt der aktuellen Debatte.  

Auch das Thema Diversität wird von MEDIA wichtig genommen, wie setzt ihr dieses um?
JM: Mit unserem schon erwähnten Programm EUROPE! Voices of Women in Film legen wir z.B. einen Fokus auf die Geschlechterfrage beim Regieführen. Aber auch bei unseren anderen Programmen ist das Thema Diversität ein wichtiger Bestandteil. In den Aufrufen zu den Programmen weisen wir explizit darauf hin, bei der Frage zu den Teilnehmenden ganz bewusst zu schauen, ob es in den teilnehmenden Ländern Kandidat:innen oder Projekte von Menschen aus marginalisierten Gruppen gibt. Dazu machen wir eine regelmäßige Bestandsaufnahme, die wir bei EFP im Vorstand sowie bei unseren Mitgliederversammlungen besprechen, um das Thema in unsere tägliche Arbeit und unser Handeln zu tragenund darüber im Dialog zu sein.  

Ihr seid ja auf vielen internationalen Festivals und Märkten präsent. Fehlt euch eines, das ihr gern in Zukunft auch bespielen würdet? 
JM: Ich denke, mit der Vielseitigkeit unserer Programme und deren geographischen Verteilung sind wir zurzeit ganz gut aufgestellt. Wir sind aber im stetigen Austausch mit den nationalen Filminstituten, unseren Mitgliedern und der Filmindustrie bezüglich der Märkte außerhalb Europas und deren Entwicklungen. Lateinamerika wird z.B. immer wieder als ein wichtiges Territorium genannt. Mit dem Unifrance y EFP Miami Mercado, einer Veranstaltung beim Miami Film Festival, erreichen wir ganz gezielt lateinamerikanische Sales Agents. Trotzdem schauen wir gemeinsam auf die Entwicklungen in diesen Ländern und bei welchem Festival die Promotion der neusten Filme aus Europa einen Mehrwert schaffen könnte.  
Ein anderes Thema, das uns seit einiger Zeit vermehrt beschäftigt, ist Animation. Hier tut sich sehr viel in Europa, daher haben wir einen Austausch dazu mit unseren Mitgliedern, aber auch mit Produzent:innen und verschiedenen spezialisierten Festivals und Märkten begonnen. Unser Arab Critics‘ Award Best European Films läuft nun seit einigen Jahren recht erfolgreich – hier schauen wir aktuell, wie wir nach diesem Modell, auch in anderen Regionen Filmkritiker:innen ansprechen können, damit sie über unsere Filme berichten. 

Vielen Dank, Jo Mühlberger, für das Gespräch!