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Norwegen und Deutschland wollen mehr koproduzieren

Parallel zu den Nordischen Filmtagen Lübeck, die jedes Jahr im November einen guten Überblick über neue Produktionen aus Nordeuropa geben, haben sich die Norweger dafür entschieden, die Kooperation mit Deutschland zu stärken. Während alle Welt über die schlechte Wirtschaftslage klagt, zeigt sich Norwegen optimistisch. „Unsere Filmindustrie ist im Moment besonders stark“, sagt Nina Refseth, Geschäftsführerin des im April vergangenen Jahres neu strukturierten Norwegischen Filminstituts. Um in den kommenden Jahren auf dem europäischen und internationalen Filmmarkt ein wichtiger Akteur zu werden, verstärkt das Filminstitut sein Engagement in europäische Koproduktionen.

Im Filminstitut in Oslo sollen alle Phasen der Filmproduktion bis hin zur Vermarktung gebündelt werden, so dass zum einen die Zusammenarbeit für die Branche erleichtert wird und zum anderen die Verwaltungskosten gesenkt werden. 2009 werden etwa 40 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung stehen, eine Steigerung von ca. 15% im Vergleich zum letzten Jahr, die den Produzenten zugute kommen soll. Zudem wird es eine unbegrenzte Referenzförderung für verkaufte Kino-Tickets geben, um so an den heimischen Kassen erfolgreiche norwegische Produktionen zu belohnen. In Norwegen werden etwa 22 Kinofilme im Jahr produziert, mehr als die Hälfte davon sind nationale Produktionen. Das Budget für nationale Filme liegt im Schnitt bei ca. 2,2 Millionen Euro. Koproduziert wird mit den nordischen Nachbarländern, aber auch mit deutschen Produzenten sind bereits Filme realisiert worden. „Wir wollen uns generell mehr für Koproduktionen einsetzen. Bei der Zusammenarbeit mit Deutschland geht es nicht nur um Kofinanzierung“, so Nina Refseth, die von Hause aus Literaturwissenschaftlerin ist, „sondern hier können echte Koproduktionen entstehen, denn die beiden Länder sind sich kulturell sehr nah. Wir haben ähnliche Bildungssysteme, und es besteht großes gegenseitiges Interesse and der jeweiligen Literatur, um nur einige Aspekte zu nennen.“ Praktisch sei auch, dass die Filmfördersysteme beider Länder ähnlich seien und sich gut miteinander vereinbaren ließen. Konkrete Gespräche mit der FFA haben bereits stattgefunden. Ein separates Budget für deutsch-norwegische Koproduktionen wurde im Rahmen der Koproduktionsbestrebungen noch nicht bereit gestellt, aber es wird darüber nachgedacht. Doch auch ohne einen ‚Extratopf’ gibt es viele Gründe, in Norwegen zu drehen. „Ein Grund sind sicher die atemberaubenden Motive“, sind sich Nina Refseth und Sidsel Hellebø-Hansson, Leiterin des norwegischen MEDIA Desk einig. Für Helmut Weber von der Kölner Firma Tradewind Pictures lag der Grund einer Koproduktion mit Norwegen auf der Hand: Ihm gefiel das Buch „Das Orangenmädchen“ des seit „Sofies Welt“ auch in Deutschland bekannten Autoren Jostein Gaarder, in dem eine faszinierende Liebesgeschichte vor dem Hintergrund zweier Generationen einer Familie erzählt wird. Und mit dem norwegischen Produzenten Axel Helgeland wollte Weber längst mal einen Film zusammen produzieren. Als Helgeland ihm 2005 in Cannes erzählte, dass er die Rechte am „Orangenmädchen“ erworben hat, stieg Tradewind sofort ein. Ein halbes Jahr später gab es die erste Drehbuchfassung, die sofort gefiel, doch schätzte Helmut Weber ganz besonders die kreative Zusammenarbeit, die dann folgte: Ein Dreivierteljahr wurde zwischen Norwegen und Deutschland gemeinsam am Buch gearbeitet, und als mit Eva Dahr die Regie feststand, wurde mit ihr wiederum zusammen weiter entwickelt. Auch finanziell funktionierte die Zusammenarbeit von allen Seiten aus gut. Die Axel Helgeland Filmproduktion brachte Gelder von der Norwegischen Filmförderung sowie vom Nordisk Film + TV Fonds mit und wurde bereits in der Entwicklung von MEDIA unterstützt, später kam aus Brüssel zusätzlich die i2i-Finanzierungsförderung dazu. Von deutscher Seite konnte Helmut Weber die MDM sowie den DFFF gewinnen. Aus Spanien, in der Romanvorlage ein wichtiger Ort der Handlung, kam mit Jaleo Film der dritte Produzent dazu, der nicht nur die Dreharbeiten in Sevilla ermöglichte, sondern auch ausschlaggebend dafür war, dass „Das Orangenmädchen“ eine der ersten durch die neue regionale andalusische Filmförderung unterstützten Produktionen wurde. Im Dreierverband wurde zusätzlich Eurimages erfolgreich beantragt, so dass das Budget von 3,6 Millionen Euro geschlossen werden konnte. Dass das Koproduktionsabkommen zwischen Norwegen und Deutschland, durch das die Filme in beiden Ländern gleichgestellt werden und wodurch die jeweils nationale Fördersituation erheblich vereinfacht wird, nun endlich unterschrieben werden soll, freut Helmut Weber sehr. „Mit einem norwegischen Produzenten zusammen zu arbeiten ist angenehm,“ so Weber. „Unsere Mentalitäten passen einfach gut zusammen.“ „Das Orangenmädchen“ soll im Herbst 2009 bei Neue Visionen in die deutschen Kinos kommen. Dieser Artikel ist aus unserem MEDIA Magazin 2009, das man kostenfrei bei MEDIA Desk Hamburg bestellen kann.