„Nahezu alles ist anders als in den alten Medien“

Interview mit Astrid Kahmke, Head of the European Creators' Lab.

Das European Creators‘ Lab bietet Einblicke in immersives Storytelling, Austausch zu Techniken aber auch einen experimentellen „Spielplatz“ für Künstler:innen. Zum fünften Jubiläum gibt es in diesem Jahr fünf Labs. Fünf Gelegenheiten, sich mit dem europäischen XR-Ökosystem und der weltweiten Community der XR-Creators zu vernetzen. Wir haben mit Astrid Kahmke, Head of the European Creators' Lab, über die Jubiläumsedition und die Ausrichtung der einzelnen Labs gesprochen.

Creative Europe Desk Hamburg: Sind die fünf Labs, die zum fünften Geburtstag in 2022 stattfinden, eher für bereits agierende XR-Schaffende gedacht oder können auch Film- und Medienschaffende, die noch keine Expertise mitbringen, teilnehmen? Welche Teilnehmenden sucht ihr genau?

Astrid Kahmke: The Booster ist für Produzent:innen mit eigenem Projekt, da ist schon Erfahrung zumindest im Projektteam Voraussetzung. Alle anderen Labs richten sich an Produzent:innen und alle Künstler:innen und Kreative, also auch aus den Bereichen Performance, Design, Film, Schreiben, Game Design, etc. In der Regel bewerben sich Leute, die schon zumindest etwas Erfahrung mitbringen (bis hin zu Vollprofis), aber auch Neu- und Quereinsteiger:innen, die sich für immersives Erzählen interessieren, sind bei uns richtig.
Es ist mir wichtig, dass zum Beispiel auch Filmschaffende die Möglichkeit erhalten, auf diesem hohen Niveau Einblicke in das neue Medium zu erhalten. Immersives Erzählen ist eine neue Kunstform, die sehr komplexe Anforderungen stellt -  im UX Design, technisch und natürlich im workflow und der Auswertung. Nahezu alles ist anders als in den alten Medien - in unseren Labs gibt es nicht nur einen intensiven Einstieg sondern auch die internationale Vernetzung.

Sollten Bewerber:innen bereits ein konkretes Projekt haben?

The Booster ist das einzige Lab, das ganz konkret Produzent:innen und Künstler:innen mit ihren eigenen Projekten unterstützt. Für alle anderen Labs bewirbt man sich ohne Projekt. Ich wollte von Anfang an einen Raum für Kreative schaffen, in denen Sie sich ausprobieren können, gemeinsam forschen, lernen und arbeiten. In unseren Labs wird auch intensiv in Teams gearbeitet, die Teilnehmer:innen vernetzen sich quer durch ganz Europa indem sie gemeinsame Ideen entwickeln. Das geht eigentlich nur, wenn man nicht sein eigenes Projekt dabei hat, das dann natürlich immer im Fokus stehen würde. Unsere Labs sind so gesehen wettbewerbsfreie Räume, in denen alles gefragt und ausprobiert werden kann. Diese Erfahrungen und das neu Erlernte, wie auch die wertvollen Vernetzungen kommen dann auch sehr konkret den eigenen Projekten zu Gute - nach dem Lab. 

Die fünf Labs wechseln sich ab, mal online, mal vor Ort in München (4.-8.7.) und Leipzig (Ende September). Wie ist es gedacht: können Interessierte lediglich an einem der Labs teilnehmen oder auch an allen fünf? Zurzeit sind ja nur die ersten beiden zur Bewerbung ausgeschrieben.

Grundsätzlich kann man sich gerne für jedes Lab bewerben - aber das Angebot unterscheidet sich inhaltlich dann doch und es macht Sinn, zu überprüfen, was für sich und für sein Projekt vielleicht gerade am besten ist.  Das 1_Immersive Storytelling Lab ist ONLINE (27.-29.6.) und dreht sich nicht nur um immersives Erzählen, sondern auch um Weltenbau, UX Design und Embodiment. Das 2_Development Lab (München, 4.-8.7.) wird etwa 10 Mentor:innen einladen zu den 35 Teilnehmer:innen, und nach Keynotes, Hands-on-Workshops on Case Studies geht es an Ideenentwicklung in Teams bis hin zum Prototypen. Das 3_Ideation Camp ist wieder online und soll Startups, Kreative und XR Produzent:innen verbinden, die sich dann auch im 4_Prototyping Lab (26.-30.9. in Leipzig) treffen können. Hier dreht sich der Fokus mehr um das Produzieren, Projektentwicklung, Strategien, Business Modelle und Distribution. 5_The Booster schließlich ist für Projekte in Development, die dann in online masterclasses (10.-14.10.) an ihren Konzepten, Pitches und Präsentationen arbeiten können, und dann an einem B2B Market teilnehmen werden, um dort ihre Projekte zu präsentieren und sich mit potentiellen Partnern und Finanzierern zu treffen. Die Ausschreibungen kommen jetzt alle nach und nach, für die ersten beiden Labs kann man sich schon bewerben. 

Sie beschreiben das Creators' Lab als einen „Spielplatz“. Wie genau kann man sich den vorstellen?

Stellen Sie sich 50 XR Enthusiasten vor, die die unterschiedlichsten kulturellen, künstlerischen und beruflichen Hintergründe mitbringen und ihre eigenen Blickwinkel auf immersives Erzählen haben. Stellen Sie sich vor, 25 Nationen treffen sich an einem Ort, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen, miteinander zu arbeiten. Unsere Mentor:innen sind internationale Experten, Preisträger, erfahrene XR Produzent:innen und Künstler:innen. Wir bringen sie alle zusammen an einen Ort für eine ganze Woche. An den ersten zwei Tagen gibt es Keynotes und Hands-on Workshops, also sehr viel Inspiration, während wir auch schon mit der Ideation beginnen. Mittwoch bis Freitag arbeiten wir in Teams an Projektideen, die die Teilnehmer:innen während der Ideation selbst einbringen. Es gilt, einen Prototypen zu entwickeln bis Freitag mittag. Auch an den Abenden wird es nicht langweilig, wir kümmern uns auch um social events und Vernetzungsveranstaltungen. Sowohl in München wie auch in Leipzig warten sehr intensive Tage auf uns, die vollgepackt sind mit Inhalten. Der Spielplatz ist: völlige kreative Freiheit für alle. Die Energie ist spürbar in dieser Woche.
Wir erwarten keine Ergebnisse. Wir wollen Wissen vermitteln und austauschen, uns gegenseitig inspirieren und unterstützen und voneinander lernen. Tatsache ist aber auch, dass in der Vergangenheit Projekte "born in the lab" entstanden sind, die  später gefördert, realisiert und auch zu Festivals eingeladen wurden. 

Was ist für Sie das Wichtigste an den Labs?

Ich finde ja, die Kernkompetenz eines Kreativen, einer Künstlerin ist die Neugier, die Lust, Neues zu entdecken, Grenzen auszuloten. Wir haben mit den neuen Technologien, die ja selbst ständig in Bewegung und Weiterentwicklung sind, völlig neue Werkzeuge für eine neue Kunstform, und ein neues Medium. Es liegt an uns, mit welchen Inhalten wir dieses Medium gestalten. Ich finde es elementar wichtig, dass das Wissen um Immersion, Virtual und Augmented Reality, das Metaverse, Web3.0, Artificial Intelligence und all die anderen Innovationen demokratisiert und allen zugänglich gemacht wird. Das European Creators' Lab folgt diesem Ansatz: es bietet mit niedrigen Hürden höchstes Niveau und den Zugang zu Wissen, Netzwerk und Expertise und den Weg in eine internationale community, die sich gegenseitig unterstützt und kollaboriert. Wir haben viele Wiederkehrer, die in diesem Jahr zum zweiten, dritten Mal teilnehmen wollen. Ich denke - das spricht für sich. Ich freue mich über jede Bewerbung, und bin jederzeit für Fragen ansprechbar. 

Herzlichen Dank für das Interview!

Hier geht es zu den Labs: https://creative-europe-desk.de/artikel/get-trained/european-creators-lab-2022