Wolf and Sheep

von Shahrbanoo Sadat, Kairos Filmverleih, 7.6.

Ursprünglich wollte Shahrbanoo Sadat, die 1990 als Tochter afghanischer Flüchtlinge in Teheran geboren wurde, einen Dokumentarfilm über einen US-amerikanischen Augenarzt drehen, der in ihr Dorf gekommen war. Als dieser von den Taliban ermordet wurde, entschied sie sich, ihr Projekt in Richtung Fiktion weiterzutreiben. Mit 20 Jahren wurde sie als jüngste Teilnehmerin in das Filmförderprojekt Cinéfondation Residency nach Cannes eingeladen und lebte anschließend fünf Monate in Paris, wo sie sich Hunderte von Filmen anschaute und die Grundlagen des Filmhandwerks erlernte. Nach mehreren Kurzfilmen ist WOLF AND SHEEP ihr erster Spielfilm.

Kurz nachdem der Vater des elfjährigen Quodrat beerdigt wurde, soll seine Mutter mit einem alten Mann, der bereits zwei Frauen hat, wiederverheiratet werden. Genau dafür wird Qodrat von seinen Freunden gehänselt. Daher streift er mit seinen Schafen am liebsten alleine durch die abgelegene Region. Seine Wege kreuzen sich dabei immer wieder mit der gleichaltrigen Sediqa, die sich auch täglich um eine kleine Schafherde kümmert. Auch sie wird von den Mädchen gemieden, weil sie das Böse in sich trage. Ihre Grossmutter sei nämlich von einem bösen Geist in Gestalt einer Schlange verhext worden. Die beiden Aussenseiter werden schnell Freunde, auch wenn sie wissen, dass sie eigentlich nicht zusammen sein dürften, weil sich dies für Mädchen und Jungen nicht gehört. Sediqa träumt davon, eine Steinschleuder, wie sie die Jungs haben, zu besitzen, und mit dieser Wölfe abzuschiessen. Quodrat zeigt ihr, wie man eine solche knüpft. Doch dann wird er mit seinen Brüdern von der Mutter weggeschickt - die ältere Schwester, die in der Stadt lebt, soll sich von nun an um die Kinder kümmern.
Shahrbanoo Sadat ist in einem Dorf, wie sie es in ihrem ersten Spielfilm beschreibt, aufgewachsen. In der sanften Inszenierung der Kinderfreundschaft, welche durch eine beobachtende Haltung geprägt ist und den jungen Hauptdarstellern viel freies Spiel lässt, erzählt Sadat unauffällig auch von den Traditionen des Volks der Hazara, der drittgrössten Ethnie Afghanistans.